Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe jetzt den

Tagesordnungspunkt 4 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Norbert Lammert,

Ulrich Adam, Ilse Aigner sowie weiterer Abgeordneter

Kunstprojekt im n"rdlichen Lichthof des Reichstagsgeb„udes von

Hans Haacke "Der Bev"lkerung"

- Drucksache 14/2867 (neu) -

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist fr die Aussprache

eine Stunde vorgesehen. - Ich h"re keinen Widerspruch. Dann ist

das so beschlossen.

Ich er"ffne die Aussprache. Das Wort fr die Fraktion der CDU/CSU

hat der Kollege Dr. Norbert Lammert.

Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU): Frau Pr„sidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Der Deutsche Bundestag fhrt heute eine Debatte, die

vermutlich in keinem anderen Parlament der Welt stattfinden wrde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Weder der amerikanische Kongress noch das englische Unterhaus und

schon gar nicht die franz"sische Nationalversammlung wrde auch

nur darber diskutieren, was hier heute ernsthaft zur Entscheidung

ansteht: der Widmung des Reichstagsgeb„udes "Dem Deutschen Volke"

eine knstlerisch politische Installation entgegenzusetzen, die

"Der Bev"lkerung" gewidmet ist. Das Reichstagsgeb„ude ist dem

deutschen Volke gewidmet und damit dem Souver„n, den dieses

Parlament vertritt und von dem es seine Legitimation bezieht. Fr

diese Widmung - 1916 nach jahrelangem Widerstand des Kaisers an

diesem Geb„ude angebracht - muss sich niemand rechtfertigen. Sie

ist nicht berholt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - Widerspruch der Abg.

Monika Griefahn [SPD])

Es hat in den vergangenen Wochen der Auseinandersetzung manche

goldenen Worte gegeben, die hoffnungslos richtig sind, aber alle

messerscharf neben der Sache liegen, dass man n„mlich ber Kunst

nicht mit der Mehrheit entscheiden k"nne - ebenso wenig wie ber

Wahrheit. Das ist sicher wahr.

Ob es sich bei dem Projekt von Hans Haacke um ein bedeutendes

Kunstwerk handelt oder nicht, m"gen andere in Ruhe entscheiden. Es

ist brigens auch unter Experten hoch umstritten. Der Bundestag

muss entscheiden, ob er dieses Werk in diesem Geb„ude in Auftrag

geben will oder nicht: nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Es ist absurd, dem Bundestag die Legitimation fr diese

Entscheidung bestreiten zu wollen. Bei aller Begeisterung und

Emp"rung ber das knstlerisch-politische Projekt Haackes ist

offenkundig, dass der Deutsche Bundestag als Auftraggeber und

niemand sonst zu entscheiden hat, ob er diesen Vorschlag

realisieren will

oder nicht. Er kann und darf sich in dieser Verantwortung hinter

niemandem verstecken.

Die Absicht, ber die Empfehlung des Kunstbeirates des Bundestages

im Unterschied zu anderen Auftr„gen - ich bin sehr dafr, dass das

die Ausnahme bleibt, damit wir hier keine Missverst„ndnisse

bekommen - -

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Lassen Sie mich doch in Ruhe begrnden, warum. Vielleicht haben

Sie ber den Unterschied dieses Projektes noch gar nicht

hinreichend nachgedacht.

(Zuruf von der SPD: Doch! Doch!)

Es gibt nicht nur vernnftige, sondern aus meiner Sicht zwingende

Grnde, warum diese Entscheidung im Plenum des Deutschen

Bundestages und nicht in irgendeinem anderen Gremium getroffen

werden muss.

Erstens. Nach der Projektbeschreibung des Knstlers kann die

Installation nur durch Mitwirkung der Mitglieder des Parlamentes

verwirklicht werden. Wenn die pers"nliche Mitwirkung von 669

Mitgliedern des Bundestages konstitutiver Bestandteil des

Projektes ist, wird man diese wohl fragen mssen, ob sie zur

Mitwirkung bereit sind.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der

SPD und des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN)

Zweitens. In der Sache geht es Hans Haacke und den Befrwortern

seines Entwurfes um die Auseinandersetzung zwischen der

historischen Widmung des Reichstagsgeb„udes aus den schwierigen

Anfangsjahren des deutschen Parlamentarismus und dem heutigen

Selbstverst„ndnis eines von autorit„rer Bevormundung emanzipierten

Parlaments. Diese Auseinandersetzung ist gewiss zul„ssig. Ob

allerdings das vorgeschlagene Projekt fr diese Auseinandersetzung

innerhalb und auáerhalb des Parlamentes geeignet ist, darber darf

und muss man streiten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten

der SPD und des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN)

Der Streit ist brigens von Hans Haacke offenkundig gewollt.

Deswegen kann doch nicht ernsthaft beanstandet werden, dass dieser

Streit nun stattfindet; schon gar nicht kann beanstandet werden,

dass er im Parlament ausgetragen und entschieden wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der

SPD und des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN)

Die im w"rtlichen wie im bertragenen Sinne knstliche

Gegenberstellung von Volk und Bev"lkerung wird weder dem Volk

noch der Bev"lkerung gerecht, schon gar nicht der sinnvollen

Auseinandersetzung mit diesem sensiblen Sachverhalt. Die

Volksvertreter, die in diesem historisch gezeichneten

Parlamentsgeb„ude ihr Mandat wahrnehmen, verstehen sich l„ngst -

auch ohne diese Aufforderung - als Vertreter aller Menschen in

diesem Land,

(Beifall der Abg. Dr. Antje Vollmer [BšNDNIS 90/DIE GRšNEN])

dank einer Verfassung, in der sich "das Deutsche Volk" - ich

zitiere und wiederhole: "das Deutsche Volk" - "zu unverletzlichen

und unver„uáerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder

menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in

der Welt" bekennt. Dafr brauchen wir von niemandem

Nachhilfeunterricht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wer wie Hans Haacke den Begriff "Volk" unter nationalistischen,

mindestens mythologischen Generalverdacht stellt, bleibt bewusst

oder leichtfertig hinter dem Selbstverst„ndnis unserer Verfassung

und dieser Volksvertretung zurck. Er darf nicht erwarten, in

diesem Zusammenhang ausgerechnet mit einer Bodeninstallation

deutscher Erde aufkl„rerisch oder befreiend zu wirken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der

SPD und des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN)

Dass sich der Deutsche Bundestag diese atemberaubende Verbindung

von Volk und Erde, Boden und Bev"lkerung zu eigen macht, ist

geradezu abwegig.

Ich pers"nlich halte den Konzeptvorschlag Hans Haackes politisch

wie „sthetisch fr misslungen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Der Aufwand, mit dem er nach seiner Projektbeschreibung "der

Bev"lkerung" Gerechtigkeit; - jedenfalls Aufmerksamkeit

widerfahren lassen will, ist monstr"s und, wie ich finde, eine

Verballhornung des Anliegens. Nachdem Haacke in seiner

Projektbeschreibung fr den "Antransport der Erde" jedem einzelnen

Abgeordneten - ich zitiere aus der Projektbeschreibung - "zwei mit

ihrer Bestimmung beschriftete Halbzentners„cke" zur Verfgung

stellen will,

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

bei deren šbergabe die Abgeordneten - ich zitiere erneut -

"urkundlich erkl„ren, von welcher Stelle die Erde stammt"

(Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Jetzt wird es aber schwach!)

- es in der Tat immens schwach, Herr Kollege Heinrich; wir mssen

deshalb wissen, ber was wir hier abstimmen -,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

wird sich sicher auch fr den Abtransport beim Ausscheiden aus dem

Bundestag eine „hnlich berzeugende L"sung finden lassen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU - Widerspruch bei der SPD)

Ein Leserbriefschreiber hat vor einigen Tagen angeregt, der

Knstler solle entsprechende Holztr"ge in die Wahlkreise schaffen,

darber die Neoninschrift "Den Bev"lkerungsvertretern/ -

vertreterinnen".

Die Verwandlung von Konzeptkunst in eine skurrile

"Bundesgartenschau" ist kein groáer Wurf, sondern eine groáe

Albernheit, die der Ernsthaftigkeit nicht gerecht wird, die dieses

Thema verdient und beansprucht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

Das Bedrfnis des Knstlers nach Selbstinszenierung ist legitim;

es ist in diesem konkreten Fall offensichtlich ausgepr„gter als

das Interesse an Aufkl„rung. Insofern sieht das Konzept

folgerichtig vor, dass auf allen Etagen des Reichstagsgeb„udes

Tafeln anzubringen sind, auf denen die Abgeordneten mit ihrer

Parteizugeh"rigkeit und den Wahlkreisen oder Bundesl„ndern und der

Angabe des Datums, an dem die Abgeordneten ihren Erdanteil

beigesteuert haben, verzeichnet werden sollen.

(Lachen bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES

90/DIE GRšNEN - Zuruf von der CDU/CSU: Ist das Ernst?)

- Das stammt alles aus der Projektbeschreibung.

Da in Zeiten der neuen Medien ein Kunstwerk ansonsten

offensichtlich nicht komplett ist, hat es selbstverst„ndlich auch

eine Internet-Perspektive. Vorgesehen ist, dass im Innenhof eine

Videokamera angebracht wird, die regelm„áig das Wachsen und Werden

dieses Kunstwerks begleitet, damit jeden Tag ab 12 Uhr mittags den

Besuchern auf einer st„ndig aktualisierten Website die Entwicklung

dieses Projekts nahe gebracht werden kann. Welcher Aufwand fr

welche Einfalt!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich pers"nlich finde diese Inszenierung albern und unangemessen,

und ich nehme fr mein Urteil die gleiche Freiheit in Anspruch,

die ich dem Knstler selbstverst„ndlich fr sein Konzept

zubillige.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es ist ihm unbenommen, die Einw„nde seiner Kritiker, insbesondere

aus der Unionsfraktion des Bundestages, fr "bl"dsinnig" zu

erkl„ren, wie Agenturen melden. Mir bleibt es unbenommen, das

vorgeschlagene Konzept als Zumutung zu bezeichnen und meine

Mitwirkung abzulehnen. Hier steht nicht die Freiheit der Kunst zur

Debatte und hoffentlich auch nicht die Freiheit des Bundestages,

den knstlerischen Gestaltungsvorschlag fr sein Parlamentsgeb„ude

anzunehmen oder abzulehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES

90/DIE GRšNEN und der F.D.P.)

Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich seit Jahren mit

Leidenschaft fr die Selbstverst„ndlichkeit werbe, dass die Kunst

sich mit Politik und die Politik sich mit Kunst befassen muss.

(Wolfgang Thierse [SPD]: Aber wehe, sie tut es!)

Allerdings akzeptiere ich ausdrcklich nicht die Erwartung, dass

die Kunst sich der Politik grunds„tzlich in kritischer

Auseinandersetzung, die Politik sich der Kunst dagegen

vorzugsweise mit and„chtiger Bewunderung zu n„hern habe.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU - Beifall bei Abgeordneten

der SPD, des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN und der F.D.P.)

Zensur findet nicht statt. Aber ein „sthetisches Urteil muss

erlaubt sein, zumal bei einem Projekt, das auch unter den so

genannten Sachverst„ndigen allein unter „sthetischen

Gesichtspunkten mindestens so viel Widerspruch wie Zustimmung

gefunden hat.

Die Einw„nde, das Plenum des Bundestages drfe nicht ber Kunst in

seinem Geb„ude entscheiden, lassen ein prinzipielles Misstrauen

gegenber der Politik im Umgang mit Kunst erkennen.

(Dirk Niebel [F.D.P.]: Das ist eine Frechheit! Ich h„nge mir doch

zu Hause auch kein Bild hin, das ich nicht mag!)

Der Deutsche Bundestag verdient ein solches Misstrauen nicht. Ich

kenne kein anderes Parlament in der Welt, das sein Geb„ude statt

mit einer Gem„ldegalerie groáer K"pfe und geschichtlicher

Ereignisse demonstrativ mit zeitgen"ssischen Kunstwerken

ausstattet. Der Deutsche Bundestag hat sich nicht fr eine

m"glichst unauff„llige, unanst"áige, dekorative knstlerische

Gestaltung entschieden, sondern die von ihm selbst angesprochenen

Knstler aus Deutschland wie dem Ausland ausdrcklich zu einer

Auseinandersetzung mit dem Parlamentsgeb„ude und seiner Geschichte

aufgefordert. Knstler wie Gerhard Richter, Sigmar Polke, Gnther

Uecker, Christian Boltanski, Bernhard Heisig, Jenny Holzer und

nicht zuletzt Norman Foster haben diese Herausforderung in einer

Weise angenommen, die keineswegs unumstritten ist, aber jeden

Streit lohnt.

In den letzten Jahren hat der Deutsche Bundestag zudem zwei

denkwrdige Entscheidungen getroffen, die seiner Souver„nit„t auch

im Umgang mit „sthetischen Fragestellungen ein beachtliches

Zeugnis ausstellen: Es sind die weltweit bejubelte Verhllung des

Reichstages durch Christo, die nach jahrzehntelangen vergeblichen

Anl„ufen schlieálich vom Plenum des Deutschen Bundestages m"glich

gemacht worden ist,

(Beifall der Abg. Hanna Wolf (Mnchen) [SPD] und Dr. Antje Vollmer

[BšNDNIS 90/ DIE GRšNEN])

und die Entscheidung fr die Errichtung eines Denkmals fr die

ermordeten Juden Europas, das ber seine politische Bedeutung

hinaus auch eine h"chst anspruchsvolle „sthetische Form durch das

Stelenfeld von Peter Eisenman finden soll, die ganz gewiss nicht

am viel beschimpften Publikumsgeschmack orientiert ist.

Ich pers"nlich habe brigens fr beide umstrittenen Entscheidungen

sehr engagiert gefochten;

(Wolfgang Thierse [SPD]: Sie pers"nlich ja!)

und ich nehme mir nun ganz selbstverst„ndlich das Recht, meine

Auffassung in dieser Angelegenheit ebenso engagiert zu vertreten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten des

BšNDNISSES 90/ DIE GRšNEN)

Es gibt nicht nur eine Anmaáung der Politik gegenber der Kunst,

die nicht toleriert werden darf; es gibt gelegentlich auch eine

Anmaáung ausgewiesener wie selbsternannter Kunstsachverst„ndiger

gegenber der ™ffentlichkeit, mit der autorit„ren Geb„rde von

Hohepriestern das eigene „sthetische Urteil fr das einzig

m"gliche zu halten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie der Abg. Dr. Antje

Vollmer [BšNDNIS 90/DIE GRšNEN])

Die anstehende Entscheidung des Bundestages ber ein ebenso

diskussionswrdiges wie diskussionsbedrftiges knstlerisches

Projekt in seinem Hause ist ein Anwendungsfall nicht nur fr die

Freiheit der Kunst, sondern auch fr die Souver„nit„t dieses

Parlaments. Sie hat nicht nur etwas mit der gelegentlich

strapazierten Wrde des Hohen Hauses zu tun, sondern auch und vor

allem mit der Wrde der Menschen, die wir in diesem Hause zu

vertreten haben und die wir nicht als "Volk" und "Bev"lkerung"

gegeneinander in Stellung bringen lassen drfen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten des

BšNDNISSES 90/ DIE GRšNEN)

Ich habe heute in der Post die Zuschrift eines mir unbekannten

Lehrers und Historikers gefunden, die wohl auch an den Herrn

Bundestagspr„sidenten gegangen ist. Er schreibt mir:

Die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte kann nicht so

geschehen ..., dass die deutsche Volksvertretung sich in ihrem

eigenen Haus mit eigener Zustimmung l„cherlich machen l„sst ...

Wir haben Anlass, diese Besorgnis ernst zu nehmen, und wir haben

die M"glichkeit, sie mit unserem Votum gegenstandslos zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten des

BšNDNISSES 90/ DIE GRšNEN und der Abg. Hanna Wolf (Mnchen) [SPD])

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: Es spricht jetzt der Kollege Gert

Weisskirchen, SPD-Fraktion.

Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD): Frau Pr„sidentin! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Hier werden nicht die Widmungen "Dem

Deutschen Volke" und "Der Bev"lkerung" als Feindbegriffe einander

gegenbergestellt, sondern beide Begriffe werden zueinander

gestellt, um miteinander einen Dialog zu fhren

(Lachen bei der CDU/CSU)

ber die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir knftig leben?

Das will uns der Knstler sagen.

(Beifall bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeordneten des

BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN)

Worauf beruht Demokratie? Gewiss zun„chst auf der Zustimmung der

Brgerinnen und Brger. Vor allem aber steht auch vor dem Volk:

"Die Wrde des Menschen ist unantastbar." Darum heiát es in der

Verfassung: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich", und darum

heiát es dort auch, dass die Kunst frei ist.

Vor allen Wahlen und Abstimmungen beruht Demokratie also zun„chst

darauf, anzuerkennen, dass es nicht Abstimmbares gibt. Bislang

galt bei uns die šberzeugung und der Konsens, dass ber Kunst

nicht abgestimmt werden kann.

(Beifall bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeordneten des

BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN und der CDU/CSU)

Dies und nichts anderes war auch der Grund, dass der Bundestag

sich einen Kunstbeirat geschaffen hat. Ich sehe voraus: Sollte es

hier eine Mehrheit gegen die Entscheidung des Kunstbeirates geben,

dann wird dieser Kunstbeirat nicht mehr weiterleben k"nnen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Zurufe von der CDU/CSU und der

F.D.P.: Oh!)

Dann werden Sie sich die Frage stellen mssen, ob in dem Fall

nicht der Bundestag, das Plenum, jede einzelne Kunstentscheidung

selbst vornehmen muss. Das hielte ich fr fatal. Wir brauchen

diesen Kunstbeirat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

Wer entscheidet, kann irren; selbstverst„ndlich. Das gilt aber

auch fr den Bundestag. Es geht hier um etwas anderes. Es geht

nicht darum, ob Mehrheiten irren, sondern um die Chance, dass es

ein Modell zwischen Kunstsachverst„ndigen und dem Bundestag gibt

und dass dieses Modell leben kann. Wir haben Sachverst„ndige, die

hervorragendsten, die es in Deutschland gibt, die uns beraten und

die uns einstimmig gebeten haben, diesem Kunstwerk hier im

Lichthof einen Platz zu geben. Wir haben uns in langen

Diskussionen - fragen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen, die im

Kunstbeirat Mitglied sind - intensiv damit befasst und auseinander

gesetzt und uns - zwar nicht ohne Zweifel, aber dann nachher doch

- mit einer deutlichen Mehrheit dazu durchgerungen.

Was sagt das uns? Es besagt, dass Kunst und Demokratie natrlich

eine schwierige Beziehungskiste ist. Der Knstler ist autonom.

Sein Werk darf st"ren, ja es muss sogar st"ren und

Eingeschliffenes aufbrechen. Sein Werk muss neues Sehen m"glich

machen. Er braucht nicht auf Mehrheiten Rcksicht zu nehmen. Er

braucht nicht auf Sehweisen, die eingeschliffen sind, Rcksicht zu

nehmen. Wir mssen das. Das ist der Unterschied. Die Demokratie

darf in der Sph„re des Abstimmbaren die Mehrheitsregeln und

brigens auch den Schutz von Minderheiten nicht verletzen.

Kunst, so sagt Gadamer, die "sich nicht dekorativ dem

Lebenszusammenhange einschmiegt, sondern von eigener Mitte her aus

ihm heraussteht", gef„llt nicht bloá. Sie muss und darf, so

Gadamer, wirken wie eine Zumutung. - Ich finde, wir mssen solche

Zumutungen erm"glichen und anerkennen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS)

Diese Debatte zeigt brigens: Hans Haacke hat den Nerv getroffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Er hat das getroffen, worum es geht. Manche frchten um das

Selbstverst„ndnis. Von wem? Vom Bundestag? Vom deutschen Volk? Ist

unser Selbstverst„ndnis, unser Selbstbewusstsein nicht stark

genug, dass wir hier im Deutschen Bundestag auch kritischer Kunst

einen Platz schaffen k"nnen?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS - Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Tun wir doch

serienweise!)

Was w„re das anderenfalls fr ein Selbstverst„ndnis?

Ich vertraue dem Selbstbewusstsein frei gew„hlter Abgeordneter,

sich dem Dialog zwischen der sich am Giebel befindenden Inschrift

und dem Kunstwerk von Hans Haacke - seien Sie hier herzlich

gegrát - zu stellen. Ein solches Selbstbewusstsein haben frei

gew„hlte Abgeordnete.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS)

šbrigens, das Zitat "Dem Deutschen Volke" verweigerte der Kaiser

so lange, bis er kurz vor Kriegsende bereit war, dem deutschen

Volk berhaupt erst einen Wert zuzubilligen. Erst dann, kurze Zeit

vor Ende des Ersten Weltkrieges, wurde diese Inschrift angebracht.

(Zurufe von der F.D.P.: Eben!)

Sie drfen sich also nicht darauf beziehen, dass es etwa das Volk

gewesen ist, das dies gefordert hat.

(Dr. Antje Vollmer [BšNDNIS 90/DIE GRšNEN]: Aber die

Sozialdemokraten!)

Der Kaiser hat erst am Ende des Ersten Weltkrieges das Volk als so

wertvoll empfunden, dass es hier am Giebel mit einer Inschrift

seinen Platz gefunden hat.

Hans Haacke nimmt jenes Zitat auf. Er stellt das Zitat in seinem

Kunstwerk mit diesem Zitat zusammen. Das ist kein Gegensatz; es

geh"rt zusammen.

(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Er will es korrigieren!)

Er erg„nzt es auf ebener Erde. Herr Lammert, das Beh„ltnis ist 30

Zentimeter hoch. Blumen werden aus ihm wachsen. Frau Vollmer, was

ist denn daran, bitte sch"n, Kitsch?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS und des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])

Willy Brandt wrde gesagt haben: Haben Sie es nicht eine Nummer

kleiner?

Sein Werk fragt uns: Wie weit fassen wir den Begriff des Brgers?

Das halte ich fr eine ganz spannende Debatte. Nehmen wir das

transatlantische "ius soli" auf oder nicht? Welche Rechte und

Pflichten haben Menschen nicht deutscher Nationalit„t, die mit uns

leben? Seit dem Vertrag von Amsterdam gibt es zus„tzlich zur

nationalen Staatsbrgerschaft die Unionsbrgerschaft. Wollen wir

denn l„nger leugnen, dass wir in einem Land leben, in dem es eine

wachsende Zahl von Menschen gibt, die nicht Deutsche sind? Mit

diesen wollen wir gemeinsam leben. Genau das, genau dieses

Erinnerungsmoment st„ndig fr uns wach zu halten, das will uns der

Knstler sagen und zeigen. Deswegen muss sein Kunstwerk hier

seinen Platz haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS)

Die Spannungen - Herr Kollege Lammert, so wrde ich es bezeichnen

- zwischen der Giebelinschrift und dem Kunstwerk von Hans Haacke

machen nichts anderes deutlich, als dass es in unserer

Gesellschaft eine wachsende Pluralit„t bzw. Vielfarbigkeit gibt.

Ohne Pluralit„t ist Modernit„t nicht zu gewinnen. Ohne Toleranz

wird es nie Solidarit„t geben. Dazu aber, zu jener Toleranz -

entschuldigen Sie, dass ich das so sage -, geh"rt der Dialog

zwischen Kunst und Politik. Wer Kunst darauf reduziert, dass sie

anschmiegsam und dekorativ sein soll und nicht kritisch sein darf,

der hat einen Kunstbegriff, der nicht zu unserer Gegenwart und zu

unserer Auseinandersetzung geh"rt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS - Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Wer hat denn

diesen Kunstbegriff?)

Der Streit ber Žsthetik - das kann doch gar nicht anders sein -

wird immer offen bleiben. Politisch aber drfen wir diesen Streit

um die Freiheit der Kunst nicht verlieren. Wir drfen nicht unsere

Liberalit„t verlieren. Abgeordnete k"nnen durch Kunst auch

herausgefordert werden. Sie mssen ein Ja dazu sagen, dass Kunst

in unseren R„umen Platz haben kann.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir mssen gar nichts!)

Die kritischen Knstler drfen wir nicht verlieren. Beklagen wir

nicht h„ufig die Distanz von Intellektuellen gegenber der

Politik? Wie ernst nehmen wir denn unseren eigenen Aufruf zum

Mittun? Wir brauchen die kritischen Knstler, damit unsere

Gesellschaft st„ndig wach und lebendig bleibt. Zu diesen Knstlern

geh"rt auch Hans Haacke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN)

Kunst - das ist ihre herausstechende Eigenart - durchbricht die

Logik von Interessen. Die Gegenwart der Kunst kann manchmal viel

realer sein als die empirische Realit„t, in der die Politik zu

leben meint. Es ist manchmal sehr viel wichtiger, einen Anstoá zum

Nachdenken, zum šberdenken eigener Positionen zu bekommen, damit

Demokratie lebendig und entwicklungsf„hig bleibt und sich

weiterentwickeln kann. Das ist es, was Hans Haacke uns deutlich

machen will. Deswegen wnsche ich mir, dass wir eine Mehrheit fr

Hans Haackes Projekt haben. Sagen Sie Ja dazu, dass "Dem Deutschen

Volke" die "Bev"lkerung" zugesellt wird. Diese Begriffe sind nicht

als Gegensatz, sondern in Beziehung miteinander zu sehen. Es ist

ein st„ndiger Denkanstoá der Kunst, niemals zu vergessen: Unsere

Verantwortung gilt allen Menschen, die in Deutschland miteinander

leben, ob sie Deutsche sind oder nicht.

In einer vergleichbaren Zeit widmete ein anderer Kaiser in Wien

einem Haus der Kunst die Worte: "Der Zeit die Kunst, der Kunst die

Freiheit". Sorgen Sie dafr, dass die Kunst ihre Freiheit bekommt!

Sorgen Sie dafr, dass Hans Haacke seine Kunst hier im Deutschen

Bundestag als st„ndige Auseinandersetzung mit der Gegenwart zeigen

kann.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS)

Namens von 41 Abgeordneten beantrage ich namentliche Abstimmung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: Sie haben es geh"rt, der Kollege Gert

Weisskirchen hat namentliche Abstimmung beantragt. In der

Zwischenzeit wurden die Unterschriften von mehr als den

notwendigen 34 anwesenden Mitgliedern des Bundestages zur

Einforderung dieser Abstimmung vorgelegt. Deshalb m"chte ich

hiermit offiziell bekannt geben, dass im Anschluss an diese

Debatte eine namentliche Abstimmung stattfindet.

N„chste Rednerin ist die Kollegin Dr. Antje Vollmer, Fraktion

Bndnis 90/Die Grnen.

Dr. Antje Vollmer (BšNDNIS 90/DIE GRšNEN): Frau Pr„sidentin! Meine

Damen und Herren! Wir reden hier ja nicht fraktionsm„áig, sondern

frei pro und kontra. Ich rede fr diesen Antrag und damit gegen

die Installation des Kunstwerkes.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

Auch ich habe, je l„nger die Debatte ber das

Haacke-Projekt dauert, den Eindruck, dass immer schwerere

Geschtze aufgefahren werden, dass immer gr"áere Tabu-Z„une

aufgerichtet werden. Ich pl„diere ganz entschieden fr Abrstung

in dieser Frage, auch fr Abrstung beim Pathos, und wenn m"glich

fr nchterne, praktische Vernunft.

(Beifall bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN, der SPD,

der CDU/CSU und der F.D.P.)

Zun„chst m"chte ich Hans Haacke, der auf der Zuschauertribne

sitzt, gratulieren. Ob ihm ein Kunstwerk gelungen ist, darber

l„sst sich trefflich streiten. Darber sollen auch andere

entscheiden. Ein Kunststck hat er allemal vollbracht: Er ist der

Erste, dem es gelungen ist, ber sein Kunstwerk die Ehre zu haben,

eine Debatte im Deutschen Bundestag erzeugt zu haben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Christo!)

Er wollte eine Debatte ber das Begriffspaar "Volk" und

"Bev"lkerung". Ich finde, wir sind ihm da nichts schuldig

geblieben. Fr einen Prozessknstler ist das schon ein richtig

sch"ner Erfolg, und dafr habe ich auch Respekt.

Das, worber wir heute diskutieren, ist aber ein ganz praktisches

Problem: Wie kann ein Kunstwerk realisiert werden, das essenziell

zu seiner Verwirklichung die Teilnahme von frei gew„hlten

Abgeordneten dieses Bundestages an einem, wie auch ich finde,

h"chst merkwrdigen und geradezu skurrilen Erdritual erfordert?

(Beifall bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN, der SPD,

der CDU/CSU und der F.D.P.)

Ich geh"re zu denen, die sich einfach nicht vorstellen k"nnen,

dass zum Beispiel der Abgeordnete J"rg van Essen, die Abgeordnete

Angela Merkel, der Abgeordnete Rezzo Schlauch, die Abgeordnete

Elke Leonhard und der Abgeordnete Gregor Gysi hier eines Tages mit

einem Eimer oder einem Sack Erde ankommen

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

und darauf warten, dass sie diese im n"rdlichen Lichthof auskippen

drfen, um sich so von nationalen Begriffen und šberzeugungen

quasi zu reinigen.

(Heiterkeit und Beifall beim BšNDNIS 90/ DIE GRšNEN, bei der

CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: Frau Kollegin Vollmer, gestatten Sie

eine Zwischenfrage?

Dr. Antje Vollmer (BšNDNIS 90/DIE GRšNEN): Da ich nur fnf Minuten

Redezeit habe, m"chte ich im Zusammenhang sprechen. Hinterher

beantwortete ich gern noch eine Frage.

Man kann fr diesen Vorgang, der den Abgeordneten indirekt

aufgen"tigt wird, dramatische Begriffe finden. Man kann aber auch

sagen: Es ist so skurril, dass es schlichte, gute Grnde dafr

gibt, wenn jemand sagt, daran wolle er nicht teilnehmen. Das ist

genau der Punkt: Was macht der Knstler Hans Haacke, wenn er es

nicht schafft, gengend Abgeordnete von der Sinnhaftigkeit dieses

Projekts zu berzeugen? Ich glaube, darin liegt ein Bruch, ein

Nichtgelingen der knstlerischen Konzeption. Und weil das

Kunstwerk eben diese konzeptionelle Schw„che hat, wird, glaube

ich, so massiv tabuisiert und nachmoralisiert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

Ich m"chte deutlich sagen: Ich finde, wir sollten uns dieser Art

"Gesinnungs-TšV" nicht unterziehen.

(Beifall bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN sowie bei

der CDU/CSU und bei Abgeordneten der F.D.P. - Lachen bei

Abgeordneten der SPD)

Wer gegen das Kunstwerk ist, signalisiert damit nicht, dass er

"rechts" ist. Wer fr das Kunstwerk und damit fr die Benutzung

dieser eigenartig mythischen Substanz der Erde ist, signalisiert

damit nicht, dass er der Kunstfreund schlechthin ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

Man wird sagen, es gehe um die Freiheit der Kunst. Richtig, sage

ich, aber es geht auch um die Freiheit von Abgeordneten und darum,

wofr sie sich selbst entscheiden, wenn sie denn Teil dieses

Kunstwerks sein sollen.

Ich wnschte mir, der Kunstbeirat, dem ich seit Beginn dieser

Legislaturperiode angeh"re, h„tte in dieser Frage etwas mehr

Weisheit und Klugheit gehabt.

(Beifall bei Abgeordneten des BšNDNIS-

SES 90/DIE GRšNEN sowie bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der

F.D.P.)

War es wirklich klug, den deutschen Parlamentariern keine Wahl zu

lassen, keine Wahl, wie sie zum Beispiel die franz"sischen

Kollegen hatten? Denn auch in Frankreich hat Herr Haacke mit einem

Projekt kandidiert. Er ist geehrt, aber nicht gew„hlt worden.

Damit war die Sache auch elegant erledigt.

(Heiterkeit und Beifall beim BšNDNIS 90/ DIE GRšNEN sowie bei der

CDU/CSU und der F.D.P.)

Ich finde, das deutsche Parlament hat den Vorwurf, der ihm von

einigen Kunstp„psten und Kunstkardin„len gemacht wird, wirklich

nicht verdient. Ich bitte auch diese: Geben Sie doch endlich

Gedanken- und Entscheidungsfreiheit!

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

šbrigens: Auch Knstler sind Menschen. Man kann sich mit Knstlern

streiten. Man darf sich mit ihnen auseinander setzen. Man muss sie

nicht auf ein unantastbares Podest setzen. Dann t„te man den

Knstlern und auch ihrer Kunst Unrecht. Aus einer Debatte mit den

Knstlern heraus ist zum Beispiel die Kuppel auf diesem

Reichstagsgeb„ude entstanden. Herr Foster wollte sie nicht; sie

ist aus der Debatte heraus entstanden.

(Zurufe von der CDU/CSU: Genau! - Richtig!)

G"nnen Sie doch dem Parlament und den Knstlern diese Form von

Auseinandersetzung!

(Beifall bei Abgeordneten des BšNDNIS-

SES 90/DIE GRšNEN sowie bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der

SPD und der F.D.P.)

Wenn wir ber Freiheit von Kunst reden, dann muss angesichts

dessen, was wir gekauft haben - das sind im Wesentlichen dieselben

Werke, wie Sie sie in jedem modernen Museum finden -, auch einmal

ber gewisse M„chte im Kunstmarkt, ber geschlossene Klubs und

ber Gruppen, die sich gegenseitig beraten und f"rdern, gesprochen

werden. Was mir am meisten Leid tut, ist, dass wir trotz der 40

Millionen DM, die wir fr die Gegenwartskunst ausgeben - ein

unglaubliches Signal -, fast keine unbekannten Knstler haben,

dass die Knstler der letzten Jahrzehnte keine Chance haben und

dass die Knstler der n„chsten Jahrzehnte keine Chance haben, weil

das Geld ausgegeben ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BšNDNIS

SES 90/DIE GRšNEN, der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

Darber sollten wir einmal eine Debatte fhren. Das hat ganz viel

mit der Freiheit der Kunst zu tun, aber auch mit der Freiheit des

Wortes der Abgeordneten.

Danke.

(Beifall bei Abgeordneten des BšNDNIS-

SES 90/DIE GRšNEN sowie bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der

SPD und der F.D.P.)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: N„chster Redner ist der Kollege

Ulrich Heinrich, F.D.P.-Fraktion.

Ulrich Heinrich (F.D.P.): Frau Pr„sidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich glaube, wir sind uns alle einig: Professor Hans

Haacke hat sich viel vorgenommen. Wer ausgerechnet im deutschen

Parlament den Begriff Volk infrage stellt, darf sich ber die

kritischen T"ne eigentlich nicht wundern.

Aber um es vorweg zu sagen: Ich finde die kritischen T"ne und

Diskussionen ausgesprochen positiv. Dies geht zugunsten unserer

demokratischen Kultur und zugunsten der Kunst im Allgemeinen, aber

auch der Kunst im Deutschen Bundestag im Besonderen.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P., der SPD und des BšNDNISSES

90/DIE GRšNEN)

Trotzdem bleibt festzustellen: Die T"ne sind umso kritischer, je

weniger man sich mit dem Kunstwerk ausei-nander setzt oder davon

weiá.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN)

Deshalb war es eine sehr weise Entscheidung, dass ein Kunstbeirat

berufen wurde. In diesem Kunstbeirat sitzen so ganz normale

Abgeordnete wie ich. Sie werden von einer ganzen Reihe von

Kunstsachverst„ndigen, die ebenfalls dem Kunstbeirat angeh"ren,

untersttzt. Dieser Beirat hat sich in zwei Sitzungen sehr

intensiv mit dem von ihm in Auftrag gegebenen Kunstwerk befasst

und sich jedes Mal mit groáer Mehrheit dafr ausgesprochen.

Lieber Herr Kollege Lammert, Sie haben vorhin aus der Beschreibung

des Knstlers zitiert. Der Kunstbeirat hat sich diese Beschreibung

ausdrcklich nicht zu Eigen gemacht, die hier mitgeliefert worden

ist.

(Beifall bei der SPD - Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Sie ist ja

Gegenstand des Berichtes!)

Ich gebe uns auch die Freiheit, nicht sklavisch an dem

festzuhalten, was der Knstler mit seinem eigenen Projekt hier

interpretiert, sondern unsere eigene Interpretation in der Form zu

geben, dass wir sie nicht l„cherlich zu machen haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN)

Die Inschrift "Dem Deutschen Volke" im Westgiebel des Reichstags

gab den Anstoá fr Haackes Anliegen, in einem Kunstwerk

aufzuzeigen, wie stark der Begriff "deutsches Volk" missbraucht

wurde, ganz im Gegenteil zum damaligen demokratischen Verst„ndnis

und somit zur positiven Botschaft, wie sie ursprnglich gedacht

war.

Wenn der Vergleich zu Frankreich und Groábritannien kommt, meine

sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

dann darf ich doch da-rauf hinweisen, dass es in der deutschen

Geschichte einen massiven Missbrauch des Wortes Volk gab und dass

genau dieser Missbrauch des Wortes Volk den Knstler veranlasst

hat, hier einen Bogen zu spannen zu einer "Bev"lkerung".

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. sowie bei der SPD und dem

BšNDNIS 90/DIE GRšNEN)

Diesen Bogen zu spannen finde ich im wahrsten Sinne des Wortes

eine spannende Sache. Er erinnert an die S„uberungen im v"lkischen

Sinne, vorgenommen durch die Nationalsozialisten - 113

Reichstagsabgeordneten wurde ihre Zugeh"rigkeit zum deutschen Volk

ab-erkannt, 75 davon kamen in Haft ums Leben und acht unserer

ehemaligen Kollegen verbten Selbstmord -, erinnert aber auch an

den Missbrauch des Wortes Volk w„hrend der kommunistischen

Herrschaft im geteilten Deutschland. Die Sprechch"re der 89er

Demonstranten "Wir sind das Volk" stellen sich ebenfalls ganz

bewusst gegen den Missbrauch des Volkes in der damaligen DDR.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN)

Der Verweis auf Art. 3 des Grundgesetzes, "Niemand darf wegen

seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner

Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner

religi"sen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder

bevorzugt werden", ist hier ebenfalls ausgesprochen wichtig.

Dieses Postulat wurde nicht umsonst 1949 ins Grundgesetz

geschrieben.

Wer heute aus "Volk" "Bev"lkerung" macht, schafft das deutsche

Volk noch lange nicht ab, sondern erweitert den Begriff in der

Form, dass er auch unserem heutigen demokratischen Verst„ndnis

entspricht, und macht deutlich, fr wen dieses Parlament arbeitet.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P., der SPD und des BšNDNISSES

90/DIE GRšNEN )

Es leben in Deutschland derzeit etwa 10 Prozent Ausl„nder und es

werden in Zukunft noch mehr werden. Die Niederlassungsfreiheit in

der EU und die geplante Osterweiterung werden diesen Trend

fortsetzen, ob wir wollen oder nicht. Wir werden als Parlament in

immer st„rkerem Maáe dieser Entwicklung Rechnung tragen mssen.

Der Bogen, der zwischen dem historischen Reichstagsgeb„ude und dem

Deutschen Bundestag gespannt wird, spiegelt sich in "Volk" und

"Bev"lkerung" meiner Meinung nach sehr gut wider.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN)

Besonders beeindruckend, aber auch herausfordernd ist fr uns

Abgeordnete ganz sicher das Heranschleppen von Erde aus unseren

verschiedenen Wahlkreisen. Diese Interaktion und Partizipation

zeigt deutlich, dass es sich um ein Kunstwerk handelt, welches man

nicht

berall aufstellen kann, sondern welches ausschlieálich fr den

Deutschen Bundestag geschaffen wurde.

Ich finde auch die Geste, dass die Erde aus den Wahlkreisen

sozusagen als Partikularinteresse hierher gebracht wird, die dann

mit allen anderen Regionen in ein groáes Ganzes einmnden, sehr

symboltr„chtig.

Meine Damen und Herren, wir alle haben schon an ersten

Spatenstichen teilgenommen. Ich frage Sie: Wer hat nicht auch

damals sozusagen seinen Teil zur Symbolik beigetragen? Das ist

genau das Gleiche.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN)

Hier wird das Zusammenwirken aller Abgeordneten deutlich

unterstrichen. Es ist gerade kein Blut-und-Boden-Symbol.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN - Dr. Uwe Kster [SPD]: Ganz im Gegenteil!)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: Kollege Heinrich, Sie mssen zum

Schluss kommen.

Ulrich Heinrich (F.D.P.): Frau Pr„sidentin, ja.

Um mit Hans Haackes Worten zu sprechen, wird mit der "Bev"lkerung"

gerade das Blut aus der Erde genommen. Hier geht man mehr in

Richtung Jus soli. šberlegen Sie sich dies genau, und Sie kommen

zu dem gleichen Schluss.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN

und der PDS - Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben schon lange

berzogen!)

Frau Pr„sidentin, mein letzter Satz: Obwohl man Zweifel haben

kann, ob man ber Kunst im ganzen Parlament abstimmen sollte, weil

Kunst nicht per Mehrheit bestimmt werden kann, sondern auch die

Freiheit der Kunst eine tolerante Haltung aller verlangt, bitte

ich Sie, Toleranz zu ben, dem Projekt zuzustimmen und den Antrag

deshalb abzulehnen.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P., der SPD, des BšNDNISSES

90/DIE GRšNEN sowie der PDS)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: N„chste Rednerin in dieser Debatte

ist die Kollegin Hanna Wolf, SPD-Fraktion.

Hanna Wolf (Mnchen) (SPD): Frau Pr„sidentin! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Wir stimmen heute ber Hans Haackes Kunstprojekt

ab, weil er fr seine Erdinstallation nicht etwa ein Gartencenter

beauftragen will, sondern alle 669 heutigen und auch alle

zuknftigen Abgeordneten zum Mitbringen eines Zentners Erde aus

ihrem Wahlkreis auffordert. Dadurch werde ich zur Mitgestalterin.

Weil ich den Knstler ernst nehme, will ich auch begrnden, warum

ich nicht mitmachen werde.

Die frsorglich bevormundenden Briefe, die wir alle bekommen

haben, und die herablassenden Artikel in einigen Feuilletons ber

die Kompetenz von Politikern

(Beifall der Abg. Dr. Antje Vollmer [BšNDNIS 90/DIE GRšNEN])

veranlassen mich auch zum "ffentlichen Widerspruch.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

Der Kunstbeirat wird nicht desavouiert, wenn das Plenum heute ber

diesen Vorschlag abstimmt. Allerdings h„tte ich mir gewnscht,

dass der Kunstbeirat die Entscheidung von sich aus offen gehalten

h„tte,

(Beifall der Abg. Dr. Antje Vollmer [BšNDNIS 90/DIE GRšNEN])

da ja jede und jeder Abgeordnete sich aktiv beteiligen soll.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN,

der CDU/CSU und der F.D.P.)

So begeistert ich von Anfang an ber die Verhllung des

Reichstages durch Christo und Jeanne-Claude war, Haackes

Installation kann ich nicht mitgestalten. Bevor ich einige meiner

Grnde nenne, distanziere ich mich aufs Sch„rfste von zynischen,

ausl„nderfeindlichen Sprchen, die ich leider auch von der Seite

einiger gelesen habe, die das Haacke-Konzept ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN,

der CDU/CSU und der PDS - Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Der

Herr Glos!)

Mit den Ansichten eines Herrn Glos zum Beispiel mache ich mich

nicht gemein.

(Monika Griefahn [SPD]: Er hat gesagt, die Inder sollten das

machen!)

Zu meinen Grnden. Erstens. Die Inschrift im Giebel des

Reichstagsgeb„udes "Dem Deutschen Volke" war in der

Entstehungszeit, wie Haacke selber schreibt, "eine Herausforderung

fr den Kaiser, der deshalb ihre Realisierung lange zu verhindern

wusste. Der Kaiser sprte wohl einen Hauch der franz"sischen

Revolution." Dass die Nazis diesen Begriff missbraucht haben,

geh"rt zur Tragik unserer Geschichte. Aber 1989 riefen die

Menschen in Leipzig: "Wir sind das Volk!" Es war eine Provokation

fr die DDR-Machthaber, und niemand hat es chauvinistisch

verstanden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten des

BšNDNISSES 90/ DIE GRšNEN und der PDS)

Diese revolution„re Tradition des Begriffs Volk m"chte ich nicht

begraben sehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN

sowie bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Zweitens. 1999 ist der Deutsche Bundestag von Bonn nach Berlin in

das Reichstagsgeb„ude umgezogen. Bei meiner Arbeit als

Bundestagsabgeordnete gilt fr mich das Grundgesetz. In Art. 1 des

Grundgesetzes heiát es:

Die Wrde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu

schtzen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

In Art. 3 Satz 1 des Grundgesetzes steht:

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Hier wird ohne Einschr„nkung immer von den Menschen gesprochen,

das heiát, von allen, die in der Bundesrepublik Deutschland leben.

Das Grundgesetz ist mir Auftrag genug. Einer weiteren Erinnerung

bedarf es nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN

sowie bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Drittens. Hans Haacke - das ist fr mich der gravierendste Grund -

hat sich immer wieder mit der Nazidiktatur auseinandergesetzt.

Umso irritierter bin ich, dass er eine durch die Nazis besetzte

Erdkultsymbolik seiner Installation zugrunde legt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der F.D.P.)

Hatten doch die Nazis aus allen deutschen Gauen - wie es damals

hieá - Erde zu den Olympischen Spielen nach Berlin gekarrt. Einen

Erdkult kann und will ich nicht mittragen. Ich halte ihn fr

peinlich und mystifizierend.

(Beifall bei Abgeordneten des BšNDNIS-

SES 90/DIE GRšNEN sowie bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Hans Haacke versteht sich als politischer Knstler und ich

erwidere ihm ebenfalls politisch: Die Debatte ber die Inschriften

"Volk" oder "Bev"lkerung" hat meiner Meinung nach ihren Zweck

bereits erfllt. Die Erdsymbolik halte ich fr politische falsch.

Wenn viele Bundestagsabgeordnete die Mitgestaltung aus

unterschiedlichen Grnden ablehnen, sollte Haacke selber sein

Konzept zurcknehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich h„tte mir auch gewnscht, er h„tte wie Christo eine neue

Metapher gefunden, statt mit alter Symbolik zu arbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN,

der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: Jetzt spricht der Kollege Dr.

Heinrich Fink, PDS-Fraktion.

Dr. Heinrich Fink (PDS): Liebe Pr„sidentin! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Als Peter Behrens von der Berliner jdischen

Eisengieáerei die Giebelinschrift fr den deutschen Reichstag

gestaltete, verstand der deutsche Kaiser dieses sein deutsches

Volk durchaus noch als seine Untertanen, die dann in

demokratischen Gremien aktiv im Parlament streiten durften.

Vaterlandsliebe und Treue zum Kaiser galten vielen als

unaufgebbare Werte.

Die beiden Kunstschmiede, die sich damals, als sie die Lettern

"Dem Deutschen Volke" in Metall setzten, noch als Deutsche z„hlen

und fhlen durften, wurden ab 1935 durch den Arierparagraphen zu

Undeutschen degradiert. Im Namen des nunmehr rassisch reinigenden

deutschen Volkes ist der eine der Eisengieáer in Pl"tzensee

hingerichtet und der andere der Eisengieáer in Theresienstadt

ermordet worden.

1935 hat Bertolt Brecht in seinem im Exil verfassten Aufsatz ber

die fnf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit geschrieben

Wer in unserer Zeit statt Volk Bev"lkerung sagt, untersttzt schon

viele Lgen nicht.

Diese Aussage - so Hans Haacke - habe ihn wesentlich inspiriert.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und der SPD)

Der hier eingebrachte Antrag, die Entscheidung des Kunstbeirates

beim Bundestagspr„sidenten, der beauftragt ist, mithilfe von

Sachverst„ndigen ber die Kunst im Reichstag zu befinden,

rckg„ngig zu machen, gilt meinem Eindruck nach nicht der

knstlerischen Konzeption von Hans Haacke, sondern den beiden

Worten "Der Bev"lkerung". Sie sind das eigentliche Ziel des

Protestes. Das best„tigen mir auch die vielen Zuschriften von

Brgerinnen und Brgern, brigens - das ist fr mich auch

interessant - bis jetzt nur aus den alten Bundesl„ndern, die ihrer

Emp"rung oft sogar mit Begriffen aus brauner Vergangenheit Luft

gemacht haben.

"Der Bev"lkerung" ist keine Umwidmung dieses geschichtstr„chtigen

Hauses, sondern bringt fr das deutsche Volk 82 Jahre Ringen um

demokratische Ver„nderungen knstlerisch gestaltet ins Wort

(Beifall bei Abgeordneten der PDS, der SPD und des BšNDNISSES

90/DIE GRšNEN)

und bringt damit Politiker, G„ste und Besucher hoffentlich

dauerhaft in die Diskussion. Deshalb finde ich dieses Kunstwerk

notwendig und deshalb gef„llt es mir.

(Beifall bei der PDS und der SPD sowie der Abg. Franziska

Eichst„dt-Bohlig [BšND-

NIS 90/DIE GRšNEN])

Hans Haacke lebt seit den 60er-Jahren in den USA und „uáert sich

seit Jahrzehnten als kritischer Demokrat in immer aufs Neue

berraschenden Formen zur Demokratie und zu aktuellen, dringlichen

Fragen des Lebens. Wurde Haacke nicht gerade deshalb um die

Ausgestaltung des Lichthofes gebeten, weil man von ihm erwarten

konnte, in die preuáische Strenge Ungew"hnliches zu komponieren?

(Beifall bei der PDS und der SPD sowie des Abg. Ulrich Heinrich

[F.D.P.])

Kolleginnen und Kollegen, jeder, der den Namen Haacke im

Zusammenhang mit Kunst im Reichstag h"rte, wusste doch, dass dies

eine Provokation wird, und die Debatte zeigt es.

Ich verstehe nicht, warum wir in unserem in politischen

Kontroversen wahrlich erfahrenen Bundestag per Abstimmung diese

ernsthafte demokratische Herausforderung eines namhaften Knstlers

ausschlagen sollen. Alles, was wir im Bundestag entscheiden und

als Gesetze festschreiben, ist doch fr alle in Deutschland

lebenden Menschen und nicht nur die Deutschen verbindlich. Fr

alle heiát: fr die Bev"lkerung.

(Beifall bei der PDS und der SPD)

Ich finde es ermutigend, dass Haacke der Bev"lkerung Verst„ndnis

fr dieses Projekt zutraut.

Museumsdirektoren und Museumsp„dagogen vieler St„dte, der

Pr„sident der Bundesarchitektenkammer, Galeristen, Direktoren von

Kunsthochschulen, Kunstvereine und auch Knstler haben in einem

offenen Brief ihre Bitte an den Bundestag gerichtet, in Haackes

Modell doch einen komplement„ren Bogenschlag und nicht etwa die

Absage an die Giebelwidmung zu entdecken.

(Beifall bei der PDS und der SPD)

Sie jedenfalls sehen einen produktiven Widerspruch, der die

Tradition hellwach vor dem Erstarren in Konventionen bewahren

hilft. Ich sehe in Haackes Werk eine in eine interessante Form

gebrachte wichtige Žuáerung, ein monumentales Epigramm, das kein

Anschlag auf die Verfassung, sondern ein Glcksfall fr die

Demokratie ist,

(Beifall bei der PDS und der SPD)

damit die m"glicherweise sonst auch weiterhin verdr„ngte

Auseinandersetzung ber das deutsche Volk in der Bev"lkerung in

Gang gebracht wird.

Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, dem vorliegenden Antrag

nicht zuzustimmen, sondern es bei der Entscheidung des

Kunstbeirates und seiner Sachverst„ndigen zu belassen, um uns

nicht dem Verdacht auszusetzen, dass Kunst in Zukunft

parlamentarisch zensiert wird.

(Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Das ist eine Unversch„mtheit!)

Ich bitte Sie, uns diese Blamage zu ersparen.

(Beifall bei der PDS und der SPD sowie bei Abgeordneten des

BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: N„chster Redner ist der Kollege Hans-

Joachim Otto, F.D.P.-Fraktion.

Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (F.D.P.): Frau Pr„sidentin! Meine

Damen und Herren! Um es vorweg zu sagen: Hans Haackes Projekt

berzeugt mich nicht in seiner Žsthetik und schon gar nicht in

seiner politischen Symbolik und deswegen m"chte ich es nicht in

unserem Hause haben.

In den Erl„uterungen zu seinem Projekt bezeichnet Hans Haacke die

Giebelaufschrift "Dem Deutschen Volke" als eine nationalistische,

exklusive Parole. Das ist nichts weniger als eine

Geschichtsklitterung. In Wahrheit wurde die Widmung in einem Akt

republikanischer Emanzipation 1915 gegen den Widerstand des

Kaisers durchgesetzt und hat deswegen einen

verfassungspatriotischen, geradezu partizipatorischen Ursprung.

(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wenn Hans Haacke den Begriff des deutschen

Volkes noch immer fr durch die Propaganda sowohl der NSDAP als

auch der SED belastet h„lt, so bersieht er, dass zumindest die

mutigen DDR-Brger 1989 mit ihrem Freiheitsruf "Wir sind ein Volk"

- ein deutsches Volk - diesen Begriff rehabilitiert und ihm seinen

demokratischen Klang zurckerobert haben.

(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Mein schwerster Vorwurf: Haackes Projekt leidet unter einer h"chst

widersprchlichen Symbolik. Wenn er den Volksbegriff durch Hitler

als dauerhaft besudelt ansieht, dann gilt dies mindestens in

gleichem Maáe fr das von ihm beabsichtigte Ritual der

Erdbeschaffung.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

Man muss dieses nicht mit den Olympischen Spielen 1936 und nicht

mit der NS-Weihest„tte in der Quedlinburger Stiftskirche

vergleichen, in der 1940 Urnen mit Erde aus allen deutschen Gauen

deponiert worden sind und die dort heute noch stehen. Jedenfalls

belastet die Blut- und Boden-Mythologie der Nazis diese von ihm

gewnschte Symbolik einer Beschaffung von Heimat-erde.

Einen weiteren Widerspruch in Haackes Projekt sehe ich darin, dass

die von ihm ausdrcklich angestrebte Provokation die gleichzeitig

geforderte Partizipation m"glichst aller Abgeordneten verhindert:

Wie viele von uns, frage ich Sie, werden wohl ihr Eimerchen

Heimaterde herschaffen, wenn wir hiermit zu einer Umwidmung des

Parlaments beitragen sollen, die zwar dem Wunschbild des

Knstlers, nicht aber unserem Grundgesetz entspricht? Hier liegt

der entscheidende Unterschied zu Christos Projekt der

Reichstagsverhllung, dem ich seinerzeit mit groáer Begeisterung

zugestimmt habe: Christo hatte ein berzeugendes, ein tragf„higes,

„sthetisches Konzept entwickelt.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des

BšNDNISSES 90/ DIE GRšNEN)

Er hatte es nicht n"tig, die Mitglieder des Bundestages fr seine

politischen šberzeugungen zu instrumentalisieren. Er hat mit

Žsthetik geworben und nicht mit politischen Hintergedanken.

Es ist wahr: Kunst hat durchaus das Recht und vielleicht auch die

Pflicht, sich in Politik einzumischen. Wir Politiker haben aber

doch nicht die Pflicht, ber jedes uns von Knstlern hingehaltene

St"ckchen zu springen.

(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des

BšNDNISSES 90/ DIE GRšNEN)

Bei dieser Abstimmung geht es - da hat der Kollege Dr. Lammert

v"llig Recht - um ein Stck Selbstachtung dieses Parlaments auch

gegenber seiner eigenen Geschichte.

(Beifall des Abg. Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle erkennen die Freiheit der

Kunst an; wir erkennen aber nicht ein „sthetisches Monopol fr

Kunstsachverst„ndige und des Kunstbeirates an.

(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

Haben Sie daher Mut zu einer eigenen, zu einer pers"nlichen, zu

einer souver„nen Entscheidung! Stimmen Sie fr den Gruppenantrag!

Vielen Dank.

(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des

BšNDNISSES 90/ DIE GRšNEN)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: N„chste Rednerin ist die Kollegin Dr.

Rita Sssmuth, CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Rita Sssmuth (CDU/CSU): Frau Pr„sidentin! Meine Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir entscheiden heute im

Bundestag ber das knstlerische Projekt von Hans Haacke. Ich habe

keine Probleme damit, dass diese Entscheidung in den Bundestag

getragen wird; denn wann immer eine Gruppe von Abgeordneten dies

wnscht, geschieht es. Wir im Kunstbeirat maáen uns nicht mehr

Souver„nit„t an als im Deutschen Bundestag. Diese Frage steht fr

mich nicht im Streit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BšNDNISSES

90/DIE GRšNEN)

Wenn heute erkl„rt wird, es stehe nicht die Freiheit der Kunst in

Rede, dann kann ich dem auch noch zustimmen. Hier aber es geht um

eine h"chst politische Entscheidung, die heute getroffen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Dass das Projekt Haackes so im Streit ist, hat seine Grnde; die

Erde ist dabei nur ein nachgeordnetes Problem. Es geht im Kern um

die Frage, ob wir wirklich bereit sind, dem Spruch "Dem Deutschen

Volke" die Erg„nzung "Der Bev"lkerung" folgen zu lassen.

(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD, des

BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN und der F.D.P.)

Hier meinen einige, dass das selbstverst„ndlich sei, da Art. 3 des

Grundgesetzes doch gelte. Ich frage: Wenn das so

selbstverst„ndlich ist, warum dann dieser Aufruhr?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN, der F.D.P. und der PDS)

Offenbar ist es berhaupt nicht selbstverst„ndlich. Die Vielzahl

der eingegangenen Briefe zeigt, wie sehr es sich um ein Politikum

handelt. Glauben Sie mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist

das gute Recht jedes und jeder Einzelnen, zu entscheiden, ob er

oder sie mitmachen will oder nicht. Aber in Hunderten von Briefen

- von wenigen Ausnahmen abgesehen - gibt es nur einen Tenor,

n„mlich dass das, was wir hier zulassen wrden, all denjenigen,

die es wollen, den Vorwurf einbringt, Verbrecher, M"rder und

Verr„ter des Vaterlands zu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nun kann man sagen, diese Minderheit kmmert uns nicht. Aber diese

Minderheit hebt kr„ftig an und wirft den noch M„chtigen vor, sie

seien fr die Milliardenbetr„ge an Sozialhilfe, die wir fr

Ausl„nder und Asyl Suchende, die hier nicht hingeh"ren, zahlen

mssen, verantwortlich. Ich muss dies beim Namen nennen, weil es

Grundtenor nicht nur einzelner Briefe, sondern Hunderter von

Briefen ist.

(Beifall bei der SPD dem BšNDNIS 90/DIE GRšNEN und der PDS)

Weiter wird gefragt, ob diejenigen, die zugestimmt h„tten, nicht

sowieso geisteskrank oder von allen guten Geistern verlassen

seien. Es wird gefragt: Sollen die Gelben, die Schwarzen, die

Trken und die Zigeuner etwa auch dazu geh"ren? Das w„re der

Verrat am Vaterland. - Dies muss man mit im Hinterkopf haben.

(Beifall bei der SPD und dem BšNDNIS 90/ DIE GRšNEN sowie bei

Abgeordneten der F.D.P. und der PDS)

Es w„re gut, wenn all die Briefe, die viele von uns bekommen

haben, bei einer Ablehnung des Projekts als Dokumentation an den

leeren Platz des n"rdlichen Lichthofes gelegt wrden.

(Beifall bei bei Abgeordneten der SPD, des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS)

Man kann ber Gras, Steine und Erde trefflich streiten. Ich

verwehre es auch niemandem - dazu habe ich auch gar kein Recht -,

zu erkl„ren, der Erde wrde ein bestimmter Mythos anhaften. All

denjenigen, die sonst mit hohem Pathos so viel von Heimaterde

sprechen, widerspricht Haacke ganz schlicht,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS und des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])

indem er sagt, es gehe ihm um ein Stck demokratischer

Territorialit„t. Das muss nicht jeder begráen. Ich finde, das ist

vielleicht der schw„chste Teil an seinem Projekt.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das stimmt!)

Ich m"chte denjenigen, die hier so laut t"nen und von "Blut und

Boden" sprechen, sagen: Ich habe hohen Respekt vor der Heimaterde.

(Zurufe von der CDU/CSU)

- Ja, ich habe das. Ich habe in meiner Familie selbst Vertriebene,

die Tausende von Kilometern gefahren sind, um ein Stckchen

Heimaterde zu holen, ohne dass sie revanchistisch oder mit

negativen Ressentiments belegt gewesen w„ren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN

und der PDS)

Ich fge hinzu:Andere V"lker bringen Steine an bestimmte Orte.

Wir tun heute so, als h„tten wir alle damals Christo mit groáem

Herzen zugestimmt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS und des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])

Ich erinnere mich noch sehr gut, dass ich in der Nacht vor der

damaligen Entscheidung glaubte, wir f„nden im Deutschen Bundestag

keine Mehrheit. Es ist anders ausgegangen.

Wir reden so oft von unserer Selbstachtung und Wrde. In diesem

Zusammenhang m"chte ich abschlieáend zu bedenken geben: Wenn wir

ein H„ufchen Erde ungesehen in den Trog werfen, wird das unserer

Wrde weniger schaden als manche Debatte, die im Deutschen

Bundestag abl„uft.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS und des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: Es spricht jetzt die Kollegin

Franziska Eichst„dt-Bohlig, Fraktion Bndnis 90/Die Grnen.

Franziska Eichst„dt-Bohlig (BšNDNIS 90/DIE GRšNEN): Frau

Pr„sidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will versuchen,

ein bisschen zur Abrstung beizutragen, die Antje Vollmer zwar

gefordert, aber meiner Meinung nach nicht geleistet hat.

(Beifall bei der SPD und der PDS)

Ich m"chte auch ein bisschen zu der kritischen Auseinandersetzung

beitragen, die Norbert Lammert eingefordert hat. Ich glaube nicht,

dass die, die sich fr das Projekt - und damit gegen den Antrag,

den Sie gestellt haben - aussprechen, dies in demtiger

Bewunderung, sondern sehr wohl berlegt und durchdacht tun.

Noch einmal zur Vorgeschichte: Als der Kunstbeirat in der letzten

Legislaturperiode beschloss - ich glaube, einstimmig, Herr Kauder

war dabei; wir haben es intensiv besprochen -, Hans Haacke zu

beauftragen, wussten wir fraktionsbergreifend, was wir taten. Wir

wussten, dass wir einen Knstler beauftragen, der die Politik

durchaus provoziert und zur Auseinandersetzung mit der Kunst

herausfordert, einen Knstler, der Politik und Kunst in eine

spannungsvolle, untrennbar miteinander verwobene Wechselbeziehung

setzen m"chte. Wenn wir heute entscheiden, dass dieses Projekt

nicht verwirklicht wird, dann entscheiden wir auch, dass diese

Hand wieder zurckgezogen wird. Ich glaube, dies ist eine

Dimension, die wir bedenken sollten.

Meiner Meinung nach ist das Spezielle an diesem Projekt, ber das

wir diskutieren, dass es ein Denkwerk und nicht nur ein Kunstwerk

ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN sowie bei

der SPD und der PDS)

Wir sind es gewohnt, dass Kunstwerke prim„r an unsere Gefhle, an

unser unterbewusstes Assoziationsverm"gen appellieren.

Demgegenber schafft Haacke die Herausforderung zur Aufkl„rung,

zum Denken. Er zwingt uns regelrecht zur Selbstreflexion unseres

Handelns. Meiner Meinung nach stellt er gerade uns Parlamentariern

zwei Fragen und wirkt damit - ich habe damit keine Probleme, Herr

Kollege Lammert - sehr wohl aufkl„rend. Er fragt uns: Fr wen

macht ihr Politik? Ausschlieálich fr deutsche Staatsbrgerinnen

und Staatsbrger oder fr alle Menschen, die auf deutschem Boden

leben?

Die zweite Frage, die er uns stellt, die schon Gegenstand der

Diskussion war, ist: K"nnt ihr eigentlich mit dem Boden, der uns

alle tr„gt und n„hrt, natrlich und unverkrampft umgehen oder

steht ihr immer noch im Banne der Blut-und-Boden-Mythen des

Nationalsozialismus? Ich muss sagen, dass ich nicht alle Antworten

teile, die Haacke selbst mit seiner Projektinterpretation gegeben

hat.

Zun„chst einmal - das m"chte ich hier deutlich sagen, gerade auch

in Richtung Antragsbefrworter - bin ich nicht der Ansicht, dass

die Inschrift "Dem Deutschen Volke" durch den Faschismus so

dauerhaft entwrdigt worden ist, dass man das Wort "deutsches

Volk" nicht mehr aussprechen darf. Ich glaube schon, dass wir zu

einer so engagierten demokratischen Politikkultur gefunden haben,

dass es uns wieder erlaubt ist, auch selbstbewusst zu unserer

deutschen Identit„t zu stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn das so ist - das sollten wir gemeinsam so sehen, egal, wie

wir zu dem Projekt stehen -, bin ich der Meinung, dass wir diesen

Denkanstoá, den uns Haackes Projekt gibt, wirklich nutzen sollten;

er ist richtig und wichtig. Denn die Diskussion der letzten Wochen

zeigt, wie viele Menschen immer noch Identit„tsschwierigkeiten

haben. Deswegen mssen wir ber Begriffe wie "deutsches Volk" und

"deutsche Bev"lkerung" weiterhin einen Dialog fhren.

(Beifall beim BšNDNIS 90/DIE GRšNEN, bei der SPD und der PDS sowie

des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])

Auch die zweite Frage, die uns Haacke stellt, kann unterschiedlich

beantwortet werden. Ich selbst habe mit dem Erdritual auch so

meine Probleme. Ich werde hier kein S„ckchen Erde hinschleppen.

Aber ich habe mit vielen jngeren Kollegen gesprochen, die mich

fragen: Welche Schwierigkeiten hast du mit der Heimaterde? Die

sind durchaus bereit, Heimaterde - nicht nur Wahlkreiserde, Herr

Haacke - mitzubringen. Sie sagen, gerade unsere Grnen: Das wollen

wir mit Hanfsamen und Sonnenblumen bepflanzen, da soll

optimistisch und fr"hlich etwas wachsen.

(Heiterkeit und Beifall beim BšNDNIS 90/ DIE GRšNEN und bei der

SPD)

Es ist durchaus legitim, den Denkanstoá in Sachen Erde mythisch,

problematisch, nationalsozialistisch beschwert oder auch fr"hlich

und optimistisch zu sehen. Denn wir mssen nicht dieselben

Antworten im Kopf und im Herzen haben, wenn wir dieses Projekt

befrworten. Ich wnsche mir aber, dass wir den Mut haben, die

Fragen, die Haacke aufwirft, und das Denken, das er uns

abverlangt, auch wirklich zuzulassen: nicht nur mit Blick auf uns

hier und heute in dieser Diskussion, sondern auch mit Blick auf

die kommenden Parlamentarier- und Besuchergenerationen, die diese

Inschrift lesen und dadurch selber zum Denken angeregt werden.

Ich werbe dafr, den vorliegenden Antrag abzulehnen.

(Beifall bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE GRšNEN, der SPD

und der PDS)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: N„chster Redner in der Debatte ist

der Kollege Volker Kauder von der CDU/CSU-Fraktion.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da der Saal jetzt schon sehr voll

und auch der L„rmpegel sehr hoch ist, m"chte ich ausdrcklich

darum bitten, auch den letzten beiden Rednern in dieser Debatte

die entsprechende Aufmerksamkeit zu zollen.

Volker Kauder (CDU/CSU): Frau Pr„sidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Wir entscheiden heute darber, ob das Haacke-

Kunstwerk "Der Bev"lkerung" im Reichstag installiert werden soll.

Wir entscheiden aber nicht ber Kunst, sondern fhren eine

politische Debatte. Es geht nicht um „sthetische Begriffe und

schon gar nicht um die Frage von Kunstfreiheit. Die Kunst in

Deutschland ist frei und auch durch diese Diskussion findet keine

Zensur von Kunst statt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES

90/DIE GRšNEN und der F.D.P.)

Was mussten wir im Vorfeld nicht alles lesen! Die Freiheit der

Kunst sei in Gefahr, wenn wir es heute wagen sollten, Nein zu

diesem Kunstwerk zu sagen. Wie soll denn die Freiheit der Kunst

gef„hrdet werden, wenn es nur darum geht, zu entscheiden, wo

dieses Werk aufgestellt wird? Hans Haacke kann es berall in

Berlin aufstellen, nur nicht im Reichstag.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

Ein sicherlich genauso abwegiges Argument, um uns hier

einzuschchtern, ist es zu sagen, es handle sich um das Werk eines

renommierten Knstlers, das von renommierten deutschen

Kunstsachverst„ndigen fr gut befunden worden sei.

Schlieálich der Beitrag von Hans Haacke selbst. Er will ein

Kunstwerk in das Reichstagsgeb„ude stellen mit der šberschrift

"Der Bev"lkerung". Wenn sich aber einer aus dem Volk wie Michael

Glos „uáert, wird ihm von Hans Haacke beschieden, ein

Mllermeister k"nne ber sein Kunstwerk nicht urteilen. Welche

Arroganz gegenber einem Mann aus dem Volk, der ber dieses

Kunstwerk diskutieren will!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

Meine Damen und Herren, wir alle k"nnen die Interpretation von

Hans Haacke lesen und uns unsere eigene Meinung zu seinem

Kunstwerk bilden. Ich sage Nein zur Aufstellung dieses Werkes im

Deutschen Bundestag. Die zahlreichen Zuschriften von Deutschen,

die dieses Kunstwerk ebenfalls ablehnen, haben mich in meiner

Ansicht best„rkt.

(Zurufe von der SPD: Hoi!)

Ich lehne es ab, wie es hier gemacht wurde, allen Zuschriften

nationalsozialistisches Gedankengut zu unterstellen. Es ist

unglaublich, so etwas zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. -

Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Aber 80 Prozent!)

- 80 Prozent, wird da gesagt. - Sehr viele Menschen haben mir

geschrieben, dass sie dieses Kunstwerk ablehnen und sich dadurch

beleidigt fhlen.

Das einzige Ziel des Werkes von Hans Haacke ist die Provokation.

Das ist Haackes "Kunstwerk". Das ist nichts besonders Originelles!

"Publikumsbeschimpfungen" gab es auch schon frher.

(Zuruf von der SPD: Es ist keine Beschimpfung!)

Gerade in diesen Tagen mssen jdische Menschen in New York unter

Haackes „hnlich gestricktem Kunstwerk "Sanitation" leiden. Sie

haben geschrieben, sie fhlten sich durch dieses Kunstwerk

beleidigt. Das k"nnen Sie in den Zeitungen nachlesen.

Es hat einen wirklich faden Beigeschmack, wenn einige Haacke-

Anh„nger die beleidigenden Aussagen angeblich nicht erkennen

k"nnen und stattdessen von

berzeugender Ausdruckskraft sprechen. Ist schon der

konzeptionelle Rahmen des Kunstwerkes recht abgegriffen, so ist es

vor allen Dingen die politische Grundaussage. Haacke geht dabei

nach dem folgenden simplen Rezept vor: Man reduziere Deutschland,

seine Geschichte und sein Volk auf die schrecklichen zw"lf Jahre

Nationalsozialismus, mische darunter dunkle Begriffe wie

Volkssturm oder Volksgerichtshof; dann verzerre man alles bis ins

abgrundtief B"se, Schlechte und Negative. Schlieálich definiere

man einen Gegenbegriff wie Bev"lkerung, den man den Deutschen

rasch als reinigende L"sung anbietet, und alles ist wieder gut.

(Hans-Werner Bertl [SPD]: H"ren Sie auf! Das ist nicht mehr

auszuhalten!)

Haacke sieht die Inschrift "Dem Deutschen Volke" am Reichstag und

gibt sich erschrocken, wie er formuliert. Dann fabuliert er ber

die unheilvolle Rolle des deutschen Volkes im 20. Jahrhundert,

wobei die positiven Entwicklungen der letzten 55 Jahre und all

das, was sich in diesem Land bewegt hat, bei ihm erkennbar nicht

angekommen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

Er kommt zu einem unglaublichen Schluss, der schon vor dem

Hintergrund unserer Verfassung unglaublich klingt: Fr ihre

Entscheidungen sind die Bundestagsabgeordneten nicht gegenber

einem mythischen Volke, sondern gegenber der Bev"lkerung

verantwortlich. Ein Blick ins Grundgesetz h„tte ihm gezeigt, dass

alle Gewalt "vom Volke" - vom deutschen Volke - ausgeht und die

Abgeordneten in diesem Reichstag

(Zuruf von der SPD: Immer noch Bundestag!)

in erster Linie die Interessen des deutschen Volkes zu vertreten

haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

Dies hat der selbst erkl„rte Verfassungspatriot, wie eine

Pressemitteilung vom 13. Februar 2000 zeigt, offenbar nicht

verstanden. In dieser Presseerkl„rung versteigt sich Haacke zu

folgender Formulierung: "Die rassistische Definition, wer zum

deutschen Volk geh"rt, fordert auch heute noch Menschenopfer."

Dies ist seine Erkl„rung fr sein Kunstwerk. Eine solche Erkl„rung

zu einem Kunstwerk will ich im Deutschen Bundestag nicht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht also um Politik, nicht um Žsthetik. Daher w„re die

Angelegenheit im Kunstbeirat letztlich auch nicht vom richtigen

Gremium beraten worden. Es ist richtig, dass wir hier im Deutschen

Bundestag der Bev"lkerung klarmachen, ob wir uns von einer

ideologischen Begrndung Haackes an der Nase herumfhren lassen

wollen.

Herr Thierse, noch vor wenigen Tagen haben Sie hier in diesem

Geb„ude als einer der Hauptredner der Feierstunde zur ersten

freien Volkskammerwahl das Volk als politischen Souver„n gefeiert.

Sie haben Ihre Freude darber ausgedrckt, dass in der DDR die

Zeit vorbei war, in der eine politische Kluft zwischen dem Volk

auf der einen und den Abgeordneten der Nationalen Front der DDR

auf der anderen Seite bestand.

Am 18. M„rz 1990 ist in der DDR etwas zusammengewachsen, was

zusammengeh"rt, n„mlich das souver„ne Volk und seine

Volksvertretung. Soll durch die Agitation eines Knstlers nur zehn

Jahre sp„ter eine neue Kluft aufgerissen werden?

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Dies wollen wir nicht!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wann, liebe Kolleginnen und Kollegen, lernen wir Deutschen

endlich, uns normal zu benehmen,

(Zurufe von der SPD und dem BšNDNIS 90/DIE GRšNEN: Hoi!)

so normal wie die Franzosen und die Briten? Sie haben eine

freiheitliche Lebensform fr das souver„ne Staatsvolk geschaffen

und behandeln die nicht zum Volk geh"renden fremden Bewohner des

Landes dennoch wrdig. Hier in Deutschland glauben aber immer noch

einige, dass man das deutsche Volk in einem negativen Licht

darstellen muss, um ein guter Mensch zu sein. Dies ist nicht meine

Auffassung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sage deshalb - und dies sage ich fr die berwiegende Zahl der

Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion - Nein zu

diesem simplen und fr unser Haus unwrdigen Kunstwerk. Ich sage

Nein dazu, dass der Versuch unternommen wird, das deutsche Volk

ver„chtlich zu machen, auf eine kurze Zeit seiner Geschichte zu

reduzieren.

(Zurufe von der SPD und dem BšNDNIS 90/DIE GRšNEN: Buh!)

Ich sage Nein zu dem Versuch der Distanzierung des Deutschen

Bundestages von seinem eigenen Volk.

Ich bitte Sie, dem Gruppenantrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU - Zurufe von der SPD und dem BšNDNIS

90/DIE GRšNEN: Buh! - Pfui!)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: Letzter Redner in dieser Debatte ist

der Abgeordnete Wolfgang Thierse, SPD-Fraktion.

Wolfgang Thierse (SPD): Frau Pr„sidentin! Meine lieben Kolleginnen

und Kollegen! Kunst ist Freiheit. Das ist ihr inneres Wesen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN)

Sie l„sst Unterschiede zu, l„dt ein zu Streit, zur Diskussion, zur

Subjektivit„t und zur Artikulation unseres je eigenen Geschmacks,

Empfindens, Fhlens und Denkens. Deshalb ist unterschiedliches

„sthetisches Urteil legitim, sind gegens„tzliche

Meinungs„uáerungen selbstverst„ndlich, auch von Politikern und

natrlich auch von Parlamentariern. Aber, lieber Kollege Lammert,

lieber Kollege Kauder, warum mssen sie mit dieser schneidenden

Sch„rfe ausgetragen werden?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der F.D.P.)

Frau Kollegin Vollmer, wenn Sie die Aufrstung beklagen - wer hat

sie betrieben? Unterschiede, Meinungsverschiedenheiten in

Kunstfragen sind also normal und angemessen, gerade auch dann,

wenn Sie, wenn wir vom Knstler ausdrcklich zum Mittun eingeladen

sind. Es ist also durchaus legitim, wenn sich das Plenum des

Deutschen Bundestages mit diesem Projekt befasst, zumal der

Bundestag als Auftraggeber fungiert.

Was aber soll nach welchen Kriterien heute entschieden werden? Das

ist die eigentliche Frage. Wir entscheiden darber, ob ein

Kunstprojekt verwirklicht wird oder nicht. Ich will Ihnen

gestehen, dass auch ich zwiesp„ltige Empfindungen bei diesem

Projekt habe, viele Argumente dafr und dagegen nachvollziehbar

finde. Die Erdemetaphorik halte ich fr problematisch. Darber

habe ich mit Hans Haacke gestritten. "Wir sind das Volk" haben wir

Ostdeutschen 1990 gerufen und nicht "Wir sind die Bev"lkerung".

Auch das habe ich dem Knstler im Kunstbeirat entgegengehalten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN)

Was fr eine Entscheidung treffen wir heute? Eine „sthetische

Entscheidung? Ja, selbstverst„ndlich. Auch diejenigen, die

betonen, dass sie eine politische Entscheidung treffen, werden

doch nicht bestreiten, dass sie ber das Schicksal eines

Kunstprojektes entscheiden und dass damit ein politisches Gremium,

wie es das Plenum des Bundestages nun einmal ist, ber ein

Kunstprojekt entscheidet. Vor dieser Entscheidung drfen sie sich

nicht drcken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS)

Nun geh"rt es aber zu den kostbaren Vorzgen unserer Demokratie -

das m"chte ich Ihnen zu bedenken geben -, dass in ihr eine

betr„chtliche Sensibilit„t gegenber den misslichen, den

inkommensurablen politischen Entscheidungen ber Kunst gewachsen

ist. Wie s„he die Kunstgeschichte aus, h„tte das Entstehen von

Kunstwerken jeweils von mehr oder minder politischen

Mehrheitsentscheidungen von Gremien abgehangen?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS und des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])

Stellen Sie sich bitte diese Kunstgeschichte einmal vor!

(Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Was folgt fr das konkrete Projekt

daraus?)

Wenn Sie mir erlauben, m"chte ich noch eine Bemerkung hinsichtlich

meiner DDR-Erfahrung machen. Dort haben politische Gremien st„ndig

ber Kunst entschieden. Ich will nichts gleichsetzen - wahrlich

nicht. Aber diese Erfahrung hat mich berempfindlich gemacht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS und des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])

Weil der Bundestag ein Empfinden fr die Unangemessenheit

politischer Entscheidungen ber Kunst hatte, hat er sich ein

eigenes Gremium, den Kunstbeirat, geschaffen, in dem Abgeordnete

und Kunstsachverst„ndige intensiv miteinander und mit den

Knstlern diskutieren und dann entscheiden. šber das Haacke-

Projekt hat der Kunstbeirat dreimal ausfhrlich debattiert und

dann zweimal positiv entschieden.

Um die Revision oder um die Best„tigung dieser Entscheidung geht

es. Es ist eine Entscheidung ber ein Kunstprojekt mit

intellektuellem, politischem Anspruch. Es ist gewiss kein

Kunstwerk der Dekoration, der Versch"nerung, der Harmonie, sondern

ein Kunstwerk der Verfremdung. Verfremdung ist eine fundamentale

Funktion von Kunst.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS)

Das Kunstwerk beinhaltet nicht die Tilgung, nicht die Umwidmung

der Inschrift "Dem Deutschen Volke", sondern einen Kommentar, eine

Anstiftung zum Nachdenken, zum Bewusstmachen unserer

demokratischen Verpflichtung, wie wir gemeinsam die Widmung

unseres Parlamentsgeb„udes "Dem Deutschen Volke" verstehen. Es

geht darum, uns durch Verfremdung erneut bewusst zu machen, in

welcher Verantwortung wir stehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS)

Wenn man sich, wie hier geschehen, einen Dialog zwischen

Parlamentariern und Knstlern wnscht - liebe Kollegin Vollmer,

Sie haben Recht -, dann sollte man den Dialog gerade nicht durch

ein Nein abbrechen oder verhindern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS und des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])

Kunst ist Freiheit. Das gilt gerade auch fr Ihr Mitwirken an

diesem Projekt. Es ist selbstverst„ndlich absolut freiwillig. Das

hat Haacke ausdrcklich betont. Sie werden zu nichts gezwungen,

auch nicht zum Herbeitragen von Heimaterde.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der erkl„rende Text des Knstlers ist nicht Teil des Kunstwerkes.

Wo k„men wir in der Kunstgeschichte hin, wenn wir uns auf

Knstlertexte und nicht auf die wirklichen Kunstwerke einlassen

mssten?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS und des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kunst ist Freiheit. Lassen wir sie

frei! Beweisen wir jene Souver„nit„t, die dem Bundestag im 51.

Jahr seines erfolgreichen Bestehens angemessen ist! Reagieren wir

nicht mit angstvoller oder heftiger Abwehr, sondern stellen wir

uns dem Anspruch und Widerspruch des Kunstprojektes von Hans

Haacke!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BšNDNISSES 90/DIE

GRšNEN und der PDS und des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: Ich schlieáe die Aussprache.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich m"chte darauf verweisen, dass

es bereits jetzt eine Flle von Erkl„rungen gem„á õ 31 der

Gesch„ftsordnung gibt, die zu Protokoll gegeben werden.* Der

Kollege Albert Schmidt hat darum gebeten, seine Erkl„rung nach õ

31 der Gesch„ftsordnung jetzt kurz mndlich vortragen zu drfen.

________

*) Anlagen 4 bis 7

Dieser Bitte habe ich stattgegeben. Das wird aber die einzige

mndliche Erkl„rung vor der namentlichen Abstimmung sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, bis zur

namentlichen Abstimmung auf Ihren Pl„tzen zu bleiben.

Albert Schmidt (Hitzhofen) (BšNDNIS 90/DIE GRšNEN): Frau

Pr„sidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich den Antrag

des Kollegen Lammert und weiterer Kolleginnen und Kollegen in der

Abstimmung ablehnen werde, brigens genauso wie sehr viele aus

meiner Fraktion, dann nicht deshalb, weil ich damit ein Urteil

ber dieses Kunstwerk abgeben m"chte. Ich m"chte mich nur nicht

von Herrn Lammert oder von sonst jemandem in einen

Bekenntnisrummel hineintreiben lassen, hier per Mehrheit ber die

Qualit„t eines Kunstwerkes entscheiden zu mssen.

(Beifall beim BšNDNIS 90/DIE GRšNEN sowie bei Abgeordneten der

SPD)

Kunst, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist fr mich ihrem Wesen

nach

(Zurufe von der CDU/CSU: Das ist ein Debattenbeitrag!)

nicht beauftragt, Wahrheit auszudrcken. šber Kunst ist auch nicht

per Mehrheit zu entscheiden.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: Herr Kollege Schmidt, ich bitte Sie,

Ihr Abstimmungsverhalten zu begrnden.

Albert Schmidt (Hitzhofen) (BšNDNIS 90/DIE GRšNEN): Ich bin beim

letzten Satz. - Kunst hat fr mich zu tun mit Sch"nheit, mit

Žsthetik. Wenn ich diesen Antrag ablehne, mache ich deutlich, dass

das dafr berufene Gremium, der Kunstbeirat, in h"chst subjektiver

Weise eine Entscheidung getroffen hat. Diese Entscheidung will ich

untersttzen, ob mir das Kunstwerk gef„llt oder nicht.

(Beifall beim BšNDNIS 90/DIE GRšNEN - Zuruf von der SPD: Das

musste mal gesagt werden, oder?)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir

kommen zur Abstimmung ber den Antrag zu dem Kunstprojekt im

n"rdlichen Lichthof des Reichstagsgeb„udes von Hans Haacke "Der

Bev"lkerung" auf Drucksache 14/2867 (neu).

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Nach õ 52 Satz 1

unserer Gesch„ftsordnung sind fr dieses Verlangen 34 anwesende

Mitglieder des Bundestages erforderlich. Ich bitte diejenigen, die

das Verlangen nach namentlicher Abstimmung untersttzen, um das

Handzeichen. - Das Verlangen hat die erforderliche Untersttzung

erhalten. Wir stimmen deshalb namentlich ab.

Ich bitte, vor der Stimmabgabe darauf zu achten, dass die von

Ihnen verwendete Stimmkarte Ihren Namen tr„gt. Die

Schriftfhrerinnen und Schriftfhrer bitte ich, die vorgesehenen

Pl„tze einzunehmen. - Sind alle Urnen besetzt? - Das ist der Fall.

Ich er"ffne die Abstimmung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist noch ein Mitglied des Hauses

anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? - Es scheinen alle

Kolleginnen und Kollegen abgestimmt zu haben.

Ich schlieáe die Abstimmung und bitte die Schriftfhrerinnen und

Schriftfhrer, mit der Ausz„hlung zu beginnen.

Ich unterbreche die Sitzung, bis das Ergebnis der namentlichen

Abstimmung vorliegt.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung von 19.56 bis 20.05 Uhr)

Vizepr„sidentin Petra Bl„ss: Die unterbrochene Sitzung ist wieder

er"ffnet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gebe jetzt das von den

Schriftfhrerinnen und Schriftfhrern ermittelte vorl„ufige

Ergebnis der namentlichen Abstimmung ber den Antrag der

Abgeordneten Dr. Norbert Lammert, Ulrich Adam, Ilse Aigner und

weiterer Abgeordneter zur Realisierung des Kunstwerkes "Der

Bev"lkerung" von Hans Haacke auf Drucksache 14/2867 (neu) bekannt

- ich habe absichtlich "vorl„ufig" gesagt, weil es sich um ein

„uáerst knappes Ergebnis handelt und noch einmal, wie das

normalerweise blich ist, nachgez„hlt wird -: Abgegebene Stimmen

549. Mit Ja haben gestimmt 258, mit Nein haben gestimmt 260,

Enthaltungen 31.

 

 

Endgltiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen:549

ja: 258

nein: 260

enthalten: 31

Ja

SPD

Dr. Peter Eckardt

Iris Follak

Werner Labsch

Gudrun Roos

Dr. Emil Schnell

Richard Schuhmann (Delitzsch)

J"rg-Otto Spiller

Gunter Weiágerber

Jrgen Wieczorek (B"hlen)

CDU/CSU

Ilse Aigner

Peter Altmaier

Dietrich Austermann

Norbert Barthle

Dr. Wolf Bauer

Gnter Baumann

Brigitte Baumeister

Meinrad Belle

Dr. Sabine Bergmann-Pohl

Otto Bernhardt

Hans-Dirk Bierling

Dr. Heribert Blens

Peter Bleser

Dr. Maria B"hmer

Sylvia Bonitz

Jochen Borchert

Wolfgang B"rnsen (B"nstrup)

Wolfgang Bosbach

Dr. Wolfgang B"tsch

Klaus Br„hmig

Dr. Ralf Brauksiepe

Paul Breuer

Monika Brudlewsky

Georg Brunnhuber

Hartmut Bttner (Sch"nebeck)

Cajus Caesar

Manfred Carstens (Emstek)

Peter H. Carstensen (Nordstrand)

Leo Dautzenberg

Wolfgang Dehnel

Hubert Deittert

Albert Deá

Renate Diemers

Thomas D"rflinger

Hansjrgen Doss

Marie-Luise D"tt

Maria Eichhorn

Ilse Falk

Dr. Hans Georg Faust

Albrecht Feibel

Ulf Fink

Ingrid Fischbach

Dirk Fischer (Hamburg)

Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)

Herbert Frankenhauser

Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen)

Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)

Erich G. Fritz

Jochen-Konrad Fromme

Hans-Joachim Fuchtel

Dr. Jrgen Gehb

Norbert Geis

Georg Girisch

Michael Glos

Dr. Reinhard G"hner

Peter G"tz

Dr. Wolfgang G"tzer

Kurt-Dieter Grill

Hermann Gr"he

Manfred Grund

Horst Gnther (Duisburg)

Gottfried Haschke (Groáhennersdorf )

Gerda Hasselfeldt

Norbert Hauser (Bonn)

Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach)

Klaus-Jrgen Hedrich

Helmut Heiderich

Ursula Heinen

Manfred Heise

Siegfried Helias

Hans Jochen Henke

Peter Hintze

Klaus Hofbauer

Martin Hohmann

Klaus Holetschek

Josef Hollerith

Dr. Karl-Heinz Hornhues

Joachim H"rster

Hubert Hppe

Susanne Jaffke

Georg Janovsky

Dr.-Ing. Rainer Jork

Dr. Harald Kahl

Bartholom„us Kalb

Steffen Kampeter

Dr.-Ing. Dietmar Kansy

Irmgard Karwatzki

Volker Kauder

Eckart von Klaeden

Ulrich Klinkert

Manfred Kolbe

Norbert K"nigshofen

Eva-Maria Kors

Thomas Kossendey

Dr. Martina Krogmann

Dr.-Ing. Paul Krger

Dr. Hermann Kues

Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)

Dr. Norbert Lammert

Helmut Lamp

Dr. Paul Laufs

Karl-Josef Laumann

Vera Lengsfeld

Werner Lensing

Peter Letzgus

Ursula Lietz

Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner

Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)

Dr. Manfred Lischewski

Wolfgang Lohmann (Ldenscheid)

Julius Louven

Dr. Michael Luther

Erwin Marschewski (Recklinghausen)

Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)

Wolfgang Meckelburg

Dr. Michael Meister

Friedrich Merz

Hans Michelbach

Dr. Gerd Mller

Bernward Mller (Jena)

Elmar Mller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte

Gnter Nooke

Franz Obermeier

Eduard Oswald

Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek

Anton Pfeifer

Dr. Friedbert Pflger

Ronald Pofalla

Ruprecht Polenz

Marlies Pretzlaff

Dr. Bernd Protzner

Thomas Rachel

Hans Raidel

Dr. Peter Ramsauer

Helmut Rauber

Peter Rauen

Christa Reichard (Dresden)

Erika Reinhardt

Hans-Peter Repnik

Klaus Riegert

Franz Romer

Hannelore R"nsch (Wiesbaden)

Heinrich-Wilhelm Rons"hr

Dr. Klaus Rose

Kurt J. Rossmanith

Adolf Roth (Gieáen)

Norbert R"ttgen

Dr. Christian Ruck

Volker Rhe

Anita Sch„fer

Dr. Wolfgang Sch„uble

Hartmut Schauerte

Karl-Heinz Scherhag

Gerhard Scheu

Norbert Schindler

Dietmar Schlee

Bernd Schmidbauer

Christian Schmidt (Frth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrcke)

Andreas Schmidt (Mlheim)

Birgit Schnieber-Jastram

Dr. Andreas Schockenhoff

Dr. Rupert Scholz

Reinhard Freiherr von Schorlemer

Dr. Erika Schuchardt

Wolfgang Schulhoff

Diethard Schtze (Berlin)

Clemens Schwalbe

Dr. Christian Schwarz-Schilling

Wilhelm-Josef Sebastian

Horst Seehofer

Heinz Seiffert

Rudolf Seiters

Werner Siemann

Johannes Singhammer

B„rbel Sothmann

Margarete Sp„te

Carl-Dieter Spranger

Wolfgang Steiger

Erika Steinbach

Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten

Andreas Storm

Dorothea St"rr-Ritter

Max Straubinger

Matth„us Strebl

Thomas Strobl

Michael Stbgen

Dr. Hans-Peter Uhl

Gunnar Uldall

Arnold Vaatz

Angelika Volquartz

Andrea Voáhoff

Dr. Theodor Waigel

Peter Weiá (Emmendingen)

Gerald Weiá (Groá-Gerau)

Annette Widmann-Mauz

Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch

Matthias Wissmann

Werner Wittlich

Dagmar W"hrl

Aribert Wolf

Elke Wlfing

Peter Kurt Wrzbach

Wolfgang Zeitlmann

Wolfgang Z"ller

BšNDNIS 90/DIE GRšNEN

Matthias Berninger

Andrea Fischer (Berlin)

Rita Grieáhaber

Christa Nickels

Werner Schulz (Leipzig)

Dr. Antje Vollmer

Margareta Wolf (Frankfurt)

F.D.P.

Hildebrecht Braun (Augsburg)

Rainer Brderle

Ernst Burgbacher

J"rg van Essen

Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke

Hans-Michael Goldmann

Joachim Gnther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher

Klaus Haupt

Walter Hirche

Birgit Homburger

Dr. Werner Hoyer

Ulrich Irmer

Dr. Klaus Kinkel

Dr. Heinrich L. Kolb

Gudrun Kopp

Jrgen Koppelin

Ina Lenke

Dirk Niebel

Gnther Friedrich Nolting

Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

Detlef Parr

Cornelia Pieper

Dr. Gnter Rexrodt

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig

Marita Sehn

Dr. Hermann Otto Solms

Carl-Ludwig Thiele

Dr. Dieter Thomae

Dr. Guido Westerwelle

Nein

SPD

Brigitte Adler

Rainer Arnold

Hermann Bachmaier

Ernst Bahr

Doris Barnett

Dr. Hans Peter Bartels

Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Ingrid Becker-Inglau

Dr. Axel Berg

Hans-Werner Bertl

Friedhelm Julius Beucher

Petra Bierwirth

Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig

Klaus Brandner

Anni Brandt-Elsweier

Willi Brase

Dr. Eberhard Brecht

Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann (Hildesheim)

Hans-Gnter Bruckmann

Hans Martin Bury

Hans Bttner (Ingolstadt)

Christel Deichmann

Karl Diller

Peter Dreáen

Rudolf Dreáler

Detlef Dzembritzki

Dieter Dzewas

Sebastian Edathy

Ludwig Eich

Marga Elser

Annette Faáe

Gabriele Fograscher

Norbert Formanski

Hans Forster

Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese

Anke Fuchs (K"ln)

Arne Fuhrmann

Monika Ganseforth

Konrad Gilges

Gnter Gloser

Uwe G"llner

Renate Gradistanac

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck

Monika Griefahn

Achim Groámann

Wolfgang Grotthaus

Klaus Hagemann

Alfred Hartenbach

Anke Hartnagel

Klaus Hasenfratz

Nina Hauer

Hubertus Heil

Reinhold Hemker

Gustav Herzog

Monika Heubaum

Reinhold Hiller (Lbeck)

Stephan Hilsberg

Gerd H"fer

Walter Hoffmann (Darmstadt)

Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhter

Eike Maria Hovermann

Christel Humme

Brunhilde Irber

Gabriele Iwersen

Jann-Peter Janssen

Ilse Janz

Dr. Uwe Jens

Ulrich Kasparick

Sabine Kaspereit

Hans-Peter Kemper

Klaus Kirschner

Marianne Klappert

Siegrun Klemmer

Hans-Ulrich Klose

Walter Kolbow

Karin Kortmann

Anette Kramme

Nicolette Kressl

Volker Kr"ning

Angelika Krger-Leiáner

Horst Kubatschka

Ernst Kchler

Ute Kumpf

Konrad Kunick

Dr. Uwe Kster

Christine Lambrecht

Brigitte Lange

Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher

Christine Lehder

Waltraud Lehn

Klaus Lennartz

Dr. Elke Leonhard

Eckhart Lewering

Erika Lotz

Dieter Maaá (Herne)

Tobias Marhold

Lothar Mark

Ulrike Mascher

Christoph Matschie

Heide Mattischeck

Ulrike Mehl

Ulrike Merten

Angelika Mertens

Dr. Jrgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg

Siegmar Mosdorf

Michael Mller (Dsseldorf)

Jutta Mller (V"lklingen)

Andrea Nahles

Volker Neumann (Bramsche)

Dr. Edith Niehuis

Dietmar Nietan

Gnter Oesinghaus

Leyla Onur

Manfred Opel

Holger Ortel

Adolf Ostertag

Kurt Palis

Georg Pfannenstein

Johannes Pflug

Karin Rehbock-Zureich

Dr. Carola Reimann

Renate Rennebach

Bernd Reuter

Ren‚ R"spel

Dr. Ernst Dieter Rossmann

Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Marlene Rupprecht

Thomas Sauer

Dr. Hansj"rg Sch„fer

Gudrun Schaich-Walch

Bernd Scheelen

Dr. Hermann Scheer

Siegfried Scheffler

Dieter Schloten

Horst Schmidbauer (Nrnberg)

Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Regina Schmidt-Zadel

Heinz Schmitt (Berg)

Carsten Schneider

Walter Sch"ler

Karsten Sch"nfeld

Fritz Sch"sser

Ottmar Schreiner

Gisela Schr"ter

Dr. Mathias Schubert

Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz (Everswinkel)

Volkmar Schultz (K"ln)

Ewald Schurer

Dr. R. Werner Schuster

Dietmar Schtz (Oldenburg)

Dr. Angelica Schwall-Dren

Bodo Seidenthal

Erika Simm

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast

Wieland Sorge

Wolfgang Spanier

Dr. Margrit Spielmann

Dr. Ditmar Staffelt

Antje-Marie Steen

Rolf St"ckel

Rita Streb-Hesse

Reinhold Strobl

Dr. Peter Struck

Joachim Stnker

Joachim Tappe

J"rg Tauss

Jella Teuchner

Wolfgang Thierse

Franz Th"nnes

Uta Titze-Stecher

Adelheid Tr"scher

Hans-Eberhard Urbaniak

Rdiger Veit

Simone Violka

Ute Vogt (Pforzheim)

Hans Georg Wagner

Hedi Wegener

Wolfgang Weiermann

Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit

Gert Weisskirchen (Wiesloch)

Dr. Ernst Ulrich von Weizs„cker

Jochen Welt

Dr. Rainer Wend

Lydia Westrich

Dr. Margrit Wetzel

Helmut Wieczorek (Duisburg)

Dieter Wiefelsptz

Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehgel

Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba

Verena Wohlleben

Waltraud Wolff (Zielitz)

Uta Zapf

Peter Zumkley

CDU/CSU

Renate Blank

Dr. Rita Sssmuth

BšNDNIS 90/DIE GRšNEN

Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (K"ln)

Angelika Beer

Annelie Buntenbach

Franziska Eichst„dt-Bohlig

Winfried Hermann

Antje Hermenau

Kristin Heyne

Monika Knoche

Dr. Angelika K"ster-Loáack

Steffi Lemke

Dr. Reinhard Loske

Kerstin Mller (K"ln)

Winfried Nachtwei

Claudia Roth (Augsburg)

Christine Scheel

Irmingard Schewe-Gerigk

Rezzo Schlauch

Albert Schmidt (Hitzhofen)

Christian Sterzing

Hans-Christian Str"bele

Jrgen Trittin

Dr. Ludger Volmer

Sylvia Voá

F.D.P.

Dr. Wolfgang Gerhardt

Ulrich Heinrich

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

PDS

Monika Balt

Petra Bl„ss

Maritta B"ttcher

Eva Bulling-Schr"ter

Roland Claus

Heidemarie Ehlert

Dr. Heinrich Fink

Dr. Ruth Fuchs

Dr. Klaus Grehn

Dr. Barbara H"ll

Gerhard Jttemann

Dr. Evelyn Kenzler

Dr. Heidi Knake-Werner

Heidi Lippmann

Heidemarie Lth

Angela Marquardt

Kersten Naumann

Rosel Neuh„user

Dr. Uwe-Jens R"ssel

Gustav-Adolf Schur

Dr. Ilja Seifert

Enthalten

BšNDNIS 90/DIE GRšNEN

Grietje Bettin

Dr. Thea Dckert

Hans-Josef Fell

Katrin Dagmar G"ring-Eckardt

Ulrike H"fken

Michaele Hustedt

Dr. Helmut Lippelt

Helmut Wilhelm (Amberg)

PDS

Sabine Jnger

Dr. Christa Luft

Christina Schenk

SPD

Marion Caspers-Merk

Rainer Fornahl

Gnter Graf (Friesoythe)

Hans-Joachim Hacker

Manfred Hampel

Frank Hempel

Iris Hoffmann (Wismar)

Johannes Kahrs

Dirk Manzewski

Christian Mller (Zittau)

Dr. Rolf Niese

Albrecht Papenroth

Margot von Renesse

Reinhold Robbe

Gerhard Rbenk"nig

Horst Schild

Dr. Gerald Thalheim

Dr. Konstanze Wegner

Hildegard Wester

Hanna Wolf (Mnchen)

 

 

Adam, Ulrich Behrendt, Wolfgang Bhler (Bruchsal), Klaus

Buwitt, Dankward

CDU/CSU SPD CDU/CSU CDU/CSU

Freitag, Dagmar Haack (Extertal), Karl-Hermann

Hempelmann, Rolf

SPD SPD SPD

Hornung, Siegfried J„ger, Renate Dr. Kolb,

Heinrich Leonhard

CDU/CSU SPD F.D.P.

Dr. Lucyga, Christine Maaá

(Wilhelmshaven), Erich

SPD CDU/CSU

Michels, Meinolf Mller (Berlin), Manfred Walter

Neumann (Gotha), Gerhard

CDU/CSU PDS SPD

Dr. Scheer, Hermann Schmitz (Baesweiler), Hans Peter vo

n Schmude, Michael

SPD CDU/CSU CDU/CSU

Siebert, Bernd Dr. Wodarg, Wolfgang Zierer,

Benno

CDU/CSU SPD CDU/CSU

 

 

Der Antrag ist abgelehnt.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Anlage 4

Erkl„rung nach õ31 GO

des Abgeordneten Volker Kr"ning (SPD) zur Abstimmung ber den

Antrag: Kunstprojekt im n"rdlichen Lichthof des Reichstagsgeb„udes

von Hans Haacke "Der Bev"lkerung" (Drucksache 14/2867 [neu])

(Tagesordnungspunkt 4)

Ich lehne den Antrag nach einer Abw„gung zwischen „sthetischem

Urteil und Spielregeln des Parlaments ab: Auch wenn ich das

Projekt weder dem Titel, noch der Ausfhrung, noch der Begrndung

nach fr gelungen halte, bin ich dafr, dass kein (weiteres)

Projekt fr eine Zensur von Kunst durch den deutschen Bundestag

geschaffen wird. Dies braucht nicht die Absicht zu sein, w„re

indessen die Wirkung.